Mittendrin am 6. April 2024 - Das Vorbild der Säuglinge

Können Säuglinge ein Vorbild sein? Sie sind doch noch ganz auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen. Von Anfang an lernen sie, wie sie die lebenserhaltende Milch bekommen können. Sie sind geradezu gierig danach. „Wie die neugeborenen Kinder seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch, damit ihr durch sie zunehmt in eurem Heil.“ (2. Petrus 2, V. 2) Der Apostel sieht in den Säuglingen ein Vorbild für jeden Christen. So wie sie sollten die Getauften das Evangelium in sich aufnehmen, gleichsam aufsaugen und damit ihren Glauben nähren. „Quasimodo geniti“ (übersetzt: „wie die neugeborenen Kinder“) wird der Sonntag nach Ostern genannt. In der alten Kirche trugen die neugetauften Gemeindeglieder eine Woche lang ihr weißes Taufkleid und legten es an diesem „weißen“ Sonntag ab. Nun sollten sie sich im Alltag bewähren, gegründet und gestärkt durch die Taufe in der Osternacht und die Erfahrung des Osterfestes. Sie sind „von neuem geboren“, auch wenn sie schon älter sind. Durch die Taufe haben sie die Chance zum Neuanfang: sie sollen Bosheit und Betrug, Neid und üble Nachrede, Hass und Heuchelei überwinden.

Wie kann das geschehen? Das Evangelium stärkt den Glauben an den auferstandenen Christus. Es nährt die Hoffnung auf ein Leben, das über den Tod hinausreicht. Es ermutigt zur Liebe gegenüber den Mitmenschen. Glaube, Hoffnung und Liebe können wachsen und zunehmen, so wie ein Säugling wächst und gedeiht. Wir lernen aus unseren Erfahrungen. Wir brauchen die Kraft der Vergebung. Wir nutzen die Chance zu einem neuen Anfang. Aus der Taufe heraus zu leben, bedeutet, wie Martin Luther sagt, dass „wiederum täglich herauskomme und auferstehe ein neuer Mensch, der in Gerechtigkeit und Reinheit vor Gott ewiglich lebe.“

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 9.3.2024 - Rosa - die Farbe der Hoffnung

Ist Rosa eine Kirchenfarbe? Weiß ist die Farbe der Christusfeste, Violett steht für Buße und Passion, Rot zeigt die Kirchenfeste an, Schwarz ist die Farbe der Trauer und Grün prägt die übrigen Sonntage. Nur an zwei Sonntagen wird Rosa als liturgische Farbe aufgelegt: am Sonntag Lätare in der Passionszeit und am Sonntag Gaudete, am vierten Advent. In der Passionszeit nimmt der morgige Sonntag Lätare (übersetzt: „Freut euch!“) eine besondere Rolle ein. Er ist wie eine Atempause, ein Wechsel der Perspektive inmitten der Leidenszeit. Während die Augen auf das Leiden Jesu ausgerichtet sind, wird der Blick auf die Hoffnung der Auferstehung frei. So wie bei einer Bergwanderung plötzlich eine Nebelwand aufbricht und den Blick auf den Gipfel des Berges freigibt. Dieser Durchblick setzt neue Kräfte frei, ermutigt, nicht aufzugeben und lässt die Hoffnung aufleben, das gesteckte Ziel zu erreichen.

In der gegenwärtigen Situation suchen wir solche Momente des Atemholens, der Stärkung und des Durchblicks. Im Krieg sind Tod und Leiden stets gegenwärtig. Wir sorgen uns um Demokratie und Menschenwürde in unserem Land. Wir hoffen auf ein Schweigen der Waffen und Frieden in den Kriegsgebieten.

Das biblische Wort für den morgigen Sonntag heißt: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein. Wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ (Johannes 12, Vers 14) Dass aus dem sterbenden Weizenkorn in der Erde ein neues Leben entsteht, ist ein Hinweis auf die Auferstehung. Inmitten des Leides sehen wir schon das Osterfest hindurchleuchten. Wenn die Farbe Violett aufgehellt wird und Weiß hindurchscheint, entsteht ein rosa Farbton als Zeichen der Hoffnung. Ich wünsche uns solche Momente des Aufatmens und des Durchblicks in der Passionszeit!

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 9.2.24 - Komm rüber!

In diesen Tagen wird Karneval gefeiert. Viele Menschen genießen die Freiheit, gemeinsam mit anderen fröhlich zu sein, sich zu begegnen, den Alltag hinter sich zu lassen. Vor dem Hintergrund vieler Krisen und bedrohlicher Entwicklungen erfreuen sich viele an der Gemeinschaft, die sie erleben können. Am Aschermittwoch beginnt dann die Fastenzeit. Die evangelische Kirche hat ihre diesjährige Fastenaktion auch unter das Thema Gemeinschaft gestellt: „Komm rüber! Sieben Wochen ohne Alleingänge.“ Viele Menschen leider unter der Einsamkeit und würden sich freuen, wenn sie Besuch bekämen, wenn ihnen jemand zuhören würde. Auf den Anderen zuzugehen kostet Überwindung. Bin ich bereit, mich darauf einzulassen? Kann ich meine Vorurteile überwinden? Bin ich offen für eine andere Sicht, als ich sie bisher kannte? Der Apostel Paulus hatte diesen Mut. Auf seiner Missionsreise an der Westküste Kleinasiens, der heutigen Türkei, erscheint ihm ein Mann im Traum. Er sagt: „Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!“ (Apostelgeschichte, 16, Vers 9) Paulus folgt seiner Bitte und gelangt nach Philippi, wo er Lydia, die erste Christin in Europa, tauft. Er überwindet geographische und kulturelle Grenzen und eröffnet auf diese Weise neue Perspektiven für die Verbreitung des christlichen Glaubens: Durch die Freiheit, der Meinung der Anderen ohne Angst zu begegnen. Durch den Mut, sich auf eine neue Situation einzulassen. Auch wir können diese Erfahrung machen, wenn wir bereit sind, aufeinander zuzugehen. In den letzten Wochen haben viele Menschen für eine offene, tolerante und freie Gesellschaft demonstriert, in der Menschen unterschiedlicher Herkunft friedlich zusammenleben können. Vielfalt und Gemeinschaft schließen sich nicht aus. Verzichten wir 7 Wochen auf Alleingänge und gehen aufeinander zu!

 

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 13.1.24 - Alles in Liebe

Was haben Sie sich und anderen zum neuen Jahr gewünscht? Gesundheit und Gelassenheit, Frieden und Freude, Glück und Segen? Den sprichwörtlichen „guten Rutsch“ sollte man in diesen kalten Tagen nicht allzu wörtlich nehmen. Ursprünglich stammt diese Redensart wohl aus der hebräischen Sprache: „Rosch ha schana“ bedeutet soviel wie „ein guter Anfang des Jahres“. Oder man leitet sie von dem Wort Reise ab. Dann wünschen wir uns eine gute Fahrt ins neue Jahr.

Das biblische Motto für dieses Jahr, die sogenannte „Jahreslosung“ führt uns noch auf eine andere Fährte. Der Apostel Paulus wünscht der Gemeinde in Korinth, dass ihr Leitwort „Liebe“ sein möge: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (1. Korinther 16, Vers 14). Dabei hat der Apostel vermutlich kein romantisches Erlebnis vor Augen. Mit dem griechischen Wort „agape“ ist vielmehr die tatkräftige, fürsorgliche, im Alltag sich bewährende Liebe gemeint. Im Lateinischen würden wir sie mit „caritas“ bezeichnen.

Alles in Liebe? Das ist oftmals leichter gesagt als getan. Wenn ich in der Schlange im Supermarkt stehe, es eilig habe und vor mir jemand einen riesigen Einkauf aufs Band legt, dann denke ich vielleicht: „Der hätte mich ja auch mal vorlassen können.“ Wenn in einer Beziehung der Alltag eingekehrt ist und es darum geht, die Arbeit gerecht zu verteilen. Wenn sich in unserer Gesellschaft der Ton verschärft und man einander nicht mehr zuhören kann.

Alles geschehe in Liebe! Das ist ein großer Anspruch und zugleich ein guter Wunsch für das neue Jahr. Denn wenn sich daran alle hielten, wie anders könnte unsere Welt aussehen? Für den Apostel Paulus ist Gott die Quelle der Liebe, aus der wir schöpfen können, an jedem Tag dieses Jahres.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 16.12.2023 - Avantgarde für Christus

„Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig.“ (Jesaja 40, 3.10) Der dritte Advent steht in der evangelischen Kirche im Zeichen Johannes des Täufers. Er ist der Wegbereiter für Christus, die Stimme eines Rufers in der Wüste. Er mahnt die Menschen zur Umkehr, zur Buße, zur Änderung ihres Verhaltens. Johannes steht in der Tradition der Propheten, die immer wieder dem Volk den Spiegel vorgehalten haben und zur Einhaltung der Gebote gemahnt haben. Von dem großen Propheten Jesaja stammt die Aufforderung, dem Herrn den Weg zu bereiten. Er spricht nicht mehr vom Unheil, das das Volk in die Verbannung nach Babylon geführt hat, sondern von Gottes Erbarmen und von der Hoffnung auf eine heilvolle Zukunft. Die Menschen sollen sich vorbereiten auf die Heimkehr nach Israel, sollen auch mit ihrem Verhalten die Voraussetzung dafür schaffen.

Wegbereiter sind in der französischen Sprache die Avantgardisten. Der Begriff stammt aus dem militärischen Bereich. Die Avantgarde, die Vorhut, hat die Aufgabe, das neue Gebiet zu erkunden. Im heutigen Sprachgebrauch versteht man darunter meist Personen oder Gruppen, die neue, in die Zukunft weisende Entwicklungen anstoßen und befördern.

Wie kann in unserer Zeit eine Avantgarde für Christus aussehen, wie kann dem christlichen Glauben der Weg bereitet werden? Eine zentrale Rolle spielen die Menschen, die nicht nur von ihrem Glauben sprechen, sondern ihn auch konkret vorleben: Eltern und Großeltern, Verwandte und Freunde, Lehrende und Erziehende. Der Glaube lebt davon, dass er auch konkret erfahren werden kann. Die Avantgarde für Christus sind Menschen, die selbst Glaube, Liebe und Hoffnung im Alltag leben und auf diese Weise glaubwürdige Wegbereiter sind.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 18.11.2023 - Wie hältst du`s mit der Kirche?

Schwindende Religiosität und Kirchenbindung. Das ist das generelle Ergebnis auf die berühmte Gretchenfrage: „Wie hältst du`s mit der Kirche?“ Die 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland zeigt, wie sehr das Vertrauen und die Bindung an die Kirche abnimmt. Das spiegelt sich auch in den Zahlen zum Austritt aus der Kirche wider. In unserer evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde haben bereits über 360 Mitglieder in diesem Jahr ihren Austritt aus der Kirche erklärt. Das schmerzt! Erst recht, wenn man die Personen auch persönlich kennt, durch Taufen, Konfirmationen und Trauungen, durch persönliche Begegnungen. Insgesamt gehören bereits 48% der Deutschen keiner christlichen Kirche mehr an. Auch wenn es individuelle Gründe dafür gibt, stellt sich doch generell die Frage nach der Zukunft von Religion und Kirche. Noch immer werden der Kirche diakonische und caritative Kompetenzen und Zuständigkeiten zugewiesen. Erhebliche Kirchensteuermittel fließen in Entwicklungshilfe, soziale Projekte, in die Kindergärten und in die Jugendhilfe. Aber damit die Kirche nicht auf ein Wohlfahrtsunternehmen beschränkt wird, braucht sie auch Mittel für Seelsorge und Beratung, für Bildung und Unterricht, für Kirchenmusik und Kultur und nicht zuletzt für ihren Bestand an Gebäuden bis hin zu den denkmalgeschützten Kirchen. Wer soll den christlichen Glauben, Religion und Spiritualität vermitteln, wenn nicht die Kirche? Wer soll jungen Menschen Perspektiven für ein Leben geben, das sich an dem Grundsatz der Nächstenliebe und an christlichen Werten orientiert? Der morgige Sonntag steht ganz im Zeichen der Werke der Barmherzigkeit: Jesus sagt: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern (ergänze Schwestern), das habt ihr mir getan. (Matthäus 25, 40). Dieser Satz ist ein Grundsatzprogramm für die Kirche. In diesen Werken fließen Glaube und Handeln zusammen.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 21.10.2023 - Die Kraft des Rings entfalten

„Der echte Ring vermutlich ging verloren. … So glaube jeder sicher seinen Ring den echten. … Es eifre jeder seiner unbestochnen, von Vorurteilen freien Liebe nach.“ Der Ring des Vaters, der die Kraft besitzt, dem, der ihn in dieser Zuversicht trägt, „vor Gott und Menschen angenehm zu machen“, wird vom Vater vererbt an seine drei Söhne und keiner weiß, ob er das Original oder die Kopie erhalten hat. Erst durch das eigene Handeln offenbart sich die Kraft des Rings. Mit seiner Parabel aus dem Drama „Nathan der Weise“ weist der Dichter Gotthold Ephraim Lessing den drei Religionen Judentum, Christentum und Islam die Aufgabe zu, tolerant und vorurteilsfrei den Angehörigen der jeweils anderen Religion zu begegnen.

Die schrecklichen jüngsten Ereignisse zeigen uns, wie weit wir von dieser Vision eines friedlichen Zusammenlebens entfernt sind. Menschen jüdischen Glaubens sind nicht nur in Israel von Terror und Hass bedroht, sondern auch in unserem Land von Antisemitismus und Anfeindungen. Menschenrechte, Demokratie und Rechtstaatlichkeit in einer offenen und toleranten Gesellschaft müssen jedoch für alle Menschen gelten, die hier leben.

Das biblische Wort für den morgigen Sonntag fasst die Regeln für ein gelingendes menschliches Miteinander zusammen:

„Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ (Micha 6,8) Dem anderen Menschen so zu begegnen, wie man selbst behandelt werden möchte, in Liebe das Beste für ihn zu suchen und sich selbst zugleich in der Beziehung zu Gott zu sehen, das ist ein Weg, der aus Hass und Gewalt herausführt. Oder, um es im Sinn von Lessing zu sagen, die Kraft des Rings durch sein eigenes Verhalten zu entfalten.

 

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

 

Mittendrin am 23.09.2023 - Dankbarkeit mit begrenzter Haltbarkeit?

Wir kennen dieses Ritual: Beim Einkaufen achten wir auf das Haltbarkeitsdatum. Oder, wenn etwas längere Zeit im Kühlschrank liegt, prüfen wir, ob die Mindesthaltbarkeit schon erreicht ist. Gilt dieses Prinzip auch für die Dankbarkeit? Von dem römischen Philosophen Seneca ist eine Lebensweisheit überliefert: „Es sind nicht viele, bei denen die Dankbarkeit länger dauert als die Gabe; häufiger ist's, dass das Geschenkte nicht länger in der Seele bleibt, als im Gebrauch.“ Das wäre doch schade, wenn unser Dank so schnell verfallen würde. So wie ein Blumenstrauß, der bald wieder verwelkt.

Wenn ich darüber nachdenke, wofür ich dankbar sein kann, fällt mir vieles ein: die Gesundheit, die es mir erlaubt, mein Leben selbstbestimmt zu führen. Die Familie, in der wir uns gegenseitig unterstützen können. Die Schule und die Ausbildung, die mir ermöglicht, einen Beruf zu ergreifen, der meinen Neigungen entspricht. Die politische Ordnung, die mich schützt, meine Meinung frei äußern und meinen Glauben ungehindert ausüben zu können. Frieden und Sicherheit als Garanten für ein Leben ohne Angst vor Repression und Gewalt. Wenn ich mich in der Welt umschaue, weiß ich diese Lebensbedingungen besonders zu schätzen. Die Dankbarkeit reicht über den aktuellen Gebrauch hinaus, wenn ich Gott als dem Geber guter Gaben danke. So wie es in dem Lied von Matthias Claudius heißt: „Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn, drum dankt ihm, dankt, und hofft auf ihn!“ Aus dem Dank folgt die Demut und die Kraft, sich für das uns Anvertraute einzusetzen: die Freiheit, die Würde des Menschen, den Frieden. Glücklicherweise hat die Dankbarkeit kein Haltbarkeitsdatum, sondern sie ist eine beständige Quelle des Lebens, wie es im Psalm 106, Vers 1, heißt: „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.“

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 26.8.2023 - Das Feuer neu entfachen

Was ist der Zusammenhang zwischen einem geknickten Rohr und einem glimmenden Docht? Fragt man die künstliche Intelligenz, erhält man zunächst zur Antwort: „Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen einem geknickten Rohr und einem glimmenden Docht, außer dass sie beide aus Materialien bestehen, die verformt oder verbrannt werden können.“ Doch dann wird auf einen metaphorischen Zusammenhang in der Bibel verwiesen: „Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“ (Jesaja 42,V.3) Das Bildwort beschreibt ein Schilfrohr, das zwar gebrochen, aber noch nicht völlig zertrennt ist. Der glimmende Docht brennt nur noch schwach, aber er ist noch nicht erloschen. Beide Bilder meinen eine Situation, in der es noch Hoffnung auf Wiederherstellung oder Heilung gibt, auch wenn die Aussichten sehr gering sind. Der Prophet Jesaja bezieht diese Hoffnung auf Gott, der seinem Volk eine Rückkehr in die Heimat aus dem babylonischen Exil ankündigt. Auch wir kennen Situationen, die uns wie eine Gefangenschaft, wie ein Exil, vorkommen. Manchmal erscheint eine Situation aussichtslos, aber wir geben die Hoffnung auf eine Wende nicht auf. Wenn das Leben nur noch an einem seidenen Faden hängt, wenn eine Beziehung schon fast in die Brüche gegangen ist, wenn uns der Boden unter den Füßen entzogen wird, dann klammern wir uns an diese Hoffnung. Aber auch, wenn sich unsere Erwartung nicht erfüllt, ist unsere Lage niemals hoffnungs-los. Denn Gott will uns an seine unsichtbare Hand nehmen und im Leiden nicht loslassen. Das Rohr mag gebrochen, die Flamme schon fast erloschen sein, aber Gottes Zusage gilt, dass er bei uns ist. Das ist die Klammer, die beides miteinander verbindet. Wir vertrauen darauf, dass Gott uns wieder aufrichtet und sein Geist ein neues Feuer in uns entfacht.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 29.7.2023 - Die drei Siebe

Auf dem Pottmarkt zu Libori kann ich derzeit nahezu alles erwerben, was für einen Haushalt dienlich und nützlich ist. Dazu gehören auch Siebe in unterschiedlicher Größe. Das erinnert mich an eine Begebenheit, die dem griechischen Philosophen Sokrates zugeschrieben wird. Ein Mann kommt aufgeregt zu ihm, um ihm etwas über einen Freund zu erzählen. Bevor er beginnt, fragt ihn Sokrates, ob er das Gehörte durch die drei Siebe gefiltert habe. Er erklärt ihm, was damit gemeint ist. Das erste Sieb ist die Wahrheit. Der Gesprächspartner muss bekennen, dass er die Nachricht nur von jemand anderen gehört hat. Das zweite Sieb ist das Gute. Auch hier muss der Mann verneinen. Schließlich das dritte Sieb der Notwendigkeit. Auch das kann er nicht bestätigen. So schließt Sokrates: „Wenn es weder wahr, noch gut, noch notwendig ist, dann vergiss es und belaste mich nicht damit.“

Wer diesen Rat des Sokrates beherzigt, kann sich vermutlich manchen Ärger und Streit ersparen. Denn wie oft entstehen aus Gerüchten und angeblich gesicherten Erkenntnissen Missverständnisse und Verletzungen.

Der Wochenspruch für den Sonntag (30.07.2023) führt diesen Gedanken weiter: „Lebt als Kinder des Lichts. Die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“ (Epheser 5, V. 8-9) Als Christen sind wir in das Licht Gottes gestellt. Deshalb können wir auch in diesem Licht unser Leben führen. Güte ist unser Markenzeichen, wenn wir den Menschen zuvorkommend, respektvoll und hilfsbereit begegnen. Das ist auf dem Liborifest an vielen Orten zu spüren, wo sich Ehren- und Hauptamtliche an ihren Ständen für soziale und kirchliche Zwecke engagieren. Gerechtigkeit und Wahrheit erwarten Menschen, die von ihrer Kirche enttäuscht wurden. Das Bekenntnis zur eigenen Schuld und Verantwortung ist eine wichtige Voraussetzung für den Umgang mit der Vergangenheit. So können auch die drei Siebe der Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit unser Zusammenleben fördern und stärken.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 1.7.2023 - Wer trägt die Last?

Kennen Sie die „Lastenhandhabungsverordnung“? Sie regelt im Rahmen des Arbeitsschutzes „die manuelle Handhabung von Lasten, die aufgrund ihrer Merkmale … für die Beschäftigten eine Gefährdung für Sicherheit und Gesundheit, insbesondere der Lendenwirbelsäule, mit sich bringt.“ Was im Bereich körperlicher Lasten gesetzlich verordnet ist, hat für seelische Lasten keine Entsprechung: Wenn jemand um einen geliebten Menschen trauert. Wenn jemand eine körperliche oder psychische Krankheit zu tragen hat. Wenn sich jemand Sorgen macht um das Schicksal von Angehörigen oder Freunden. Für solche Belastungen gibt es keinen gesetzlichen Schutz. Dann kommt es darauf an, Menschen zu finden, die mithelfen, Lasten zu tragen.

Wie können wir „ent-lastet“ werden? Manchmal hilft es schon, zu wissen, dass ich mit meinen Sorgen nicht allein bin. Dass jemand an mich denkt oder für mich betet. Manchmal bin ich froh, wenn jemand mit mir gemeinsam eine Last schultert. Manchmal brauche ich auch jemanden, der mir eine Belastung abnehmen kann, wie bei einer Wanderung, wenn mir mein schwerer Rucksack abgenommen wird. Es heißt: „Glück verdoppelt sich, wenn man es teilt.“ Lasten werden leichter, wenn man sie teilt.

„Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ (Galater 6, Vers 2) So lautet das biblische Wort für den morgigen Sonntag. Die Aufforderung des Apostels, Lasten zu tragen, ist mehr als eine sprichwörtliche Erkenntnis. Sie berührt den Kern des christlichen Glaubens. Der „mit-leidende“ Christus hat die Last der Schuld und Sünde der Menschen getragen, um ihnen durch seinen Tod und seine Auferstehung einen neuen Anfang zu ermöglichen. Sein Vorbild ermutigt die Christen, sich gegenseitig zu helfen, auch Lasten zu tragen, die nicht in Kilogramm gemessen werden können. Und es wirkt sich aus im Umgang der Menschen untereinander in einer Gesellschaft, in der die Lasten sehr unterschiedlich verteilt sein können.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 3.6.2023 - Leben in Beziehungen

 

 

 

 

Wir leben in Beziehungen, in Partnerschaften, Familien, Freundschaften, Nachbarschaften. Wir haben eine Beziehung zu uns selbst und zu unserer Umwelt. Der morgige Sonntag Trinitatis (Dreieinigkeit) handelt auch von Beziehungen. Wenn wir von der Dreieinigkeit Gottes sprechen, dann ist zunächst die Beziehung Gottes zu sich selbst im Blick. Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist stehen zueinander in einer Beziehung. Der Theologe Jürgen Moltmann sagt: „Der Dreieinige Gott ist kein einsamer, apathischer Herrscher im Himmel, der sich alles unterwirft, sondern ein beziehungsreicher und beziehungsfähiger, ein gemeinschaftlicher Gott.“ Das Wesen Gottes ist die Liebe, sie verbindet die göttlichen Personen miteinander. Der Mensch als das Ebenbild Gottes kann diese Liebe Gottes empfangen und weitergeben. Das biblische Wort für den Sonntag Trinitatis lautet: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.“ (2. Korinther 13, V.13) Wenn Gott zu uns Menschen in eine lebendige Beziehung tritt, dann hat das auch Folgen für unser menschliches Handeln. Weil Gott in seinem Sohn Jesus Christus Mensch geworden ist, darum können auch wir menschlich miteinander umgehen. Nicht Herrschaft und Unterdrückung, sondern Liebe und Gemeinschaft sollen unser Zusammenleben prägen. Weil Gott als Schöpfer zu uns in Beziehung tritt, können wir mit der Natur respektvoll umgehen. Weil Gott als Heiliger Geist zu uns kommt, kann unsere Gemeinschaft von gegenseitigem Verständnis geprägt sein. Gott lädt uns sein, auf seine Liebe zu antworten. Wir können mit ihm in Kontakt treten durch das Gebet, in der Feier des Gottesdienstes, im Lesen der Bibel und in der Gemeinschaft der Christen. So entstehen lebendige Beziehungen, die uns bereichern und inspirieren. Das Fest der Dreieinigkeit Gottes öffnet uns dafür.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 6.5.23 - Ein neues Lied

„Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.“ (Psalm 98,1)

Unter diesem Psalmwort steht der morgige Sonntag Kantate. In der österlichen Freudenzeit gehört neben dem Jubel und dem Beten auch das Singen zu den Ausdrucksformen des christlichen Glaubens. Doch ist uns auch zum Singen zumute? In der gegenwärtigen Situation bleibt uns das neue Lied oft im Hals stecken angesichts von Krisen, Krieg und Katastrophen. Auch persönliche Schicksalsschläge können unsere Seele belasten. Krankheit und Überlastung, Depressionen und Einsamkeit machen es schwer, ein fröhliches Lied anzustimmen. Die Sehnsucht nach Erneuerung, nach Heilung und Regeneration ist groß. In einem alten Kinderlied heißt es: „Alles neu macht der Mai“. Es beschreibt die frische und grüne Schöpfung, die den Menschen aus dem Haus lockt. Sonnenschein und Frühlingsduft, Vogelsang und Hörnerklang erheben die Seele und erneuern das Gemüt. Die Erfahrung der grünenden Natur tut uns gut. Nach dem Winter kann die Seele wieder aufatmen. Doch die Natur allein kann uns nicht heilen. Wir kommen von Ostern her.  Die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi von den Toten macht uns Mut. Das neue Lied, das wir singen können, ist geprägt von der Hoffnung auf Erneuerung durch Gottes neue Schöpfung. Das kann schon jetzt und hier beginnen. Wir stehen vor großen Herausforderungen in unserer Gesellschaft und im Blick auf die Krisen unserer Zeit. Wir kleben uns aber nicht fest an Weltuntergangsphantasien, sondern wir wollen uns öffnen für neue österliche Perspektiven und das Vertrauen, das Gott neues Leben schafft. Daran wollen wir gern nach unseren Möglichkeiten mitarbeiten.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 8.4.2023 - Ein Kreuz im öffentlichen Raum

Vor einigen Wochen wurde das von dem Bildhauer Josef Rikus erstellte Kreuz am Gierstor aus Gründen der gefährdeten Standsicherheit abgebaut und eingelagert. Es soll möglichst restauriert werden und anschließend wieder an seinen Ursprungort zurückkehren. Es ist nicht das einzige Kreuz im öffentlichen Raum. Vielerorts sind auch kleinere Kreuze aufgestellt. An den Straßen sind manchmal weiße Kreuze zu sehen, die auf einen tragischen Unfall hinweisen. Welche Bedeutung können Kreuze im öffentlichen Raum haben?

Der Tod Jesu am Kreuz markiert den Tiefpunkt seines irdischen Lebens. Er ist ein Sinnbild für die zerstörerische Macht des Menschen, mit der ein Unschuldiger gequält und getötet wird. Der Tod Jesu zeigt aber auch, wie sehr sich Gott mit den leidenden Menschen solidarisiert und ihnen beisteht. Das Kreuz ist nicht nur ein Sinnbild des Todes, sondern für den Glaubenden zugleich auch ein Zeichen für die Überwindung des Todes, für die Auferstehung, für das neue Leben. Das Kruzifix am Gierstor will genau dies mit den zum Sieg emporgereckten Armen darstellen.

Ein Kreuz im öffentlichen Raum kann uns mahnen, den Menschen in seiner Verletzlichkeit und Machtlosigkeit als Opfer willkürlicher Herrschaft wahrzunehmen. Gerade dann, wenn durch Krieg und Terror der Wert und die Würde des Menschen missachtet werden, ist das Kreuz ein Mahnmal zur Solidarität und Beistand mit den geschundenen und leidenden Opfern einer menschenverachtenden Ideologie. Karfreitag und Ostern sind in der Darstellung eines Kreuzes vereint, so wie es in der Offenbarung des Johannes Kap 1, Vers 18 heißt: „Christus spricht: Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 11.3.2023 - Gehen oder bleiben?

Vor kurzem hat die Evangelische Kirche in Deutschland die aktuellen Zahlen über die Kirchenaustritte im letzten Jahr veröffentlicht. 280.000 Mitglieder haben ihre evangelische Kirche im Jahr 2022 verlassen. Die Motive sind unterschiedlich, aber über zwei Drittel nannten auch finanzielle Gründe. Die eigentliche Ursache liegt vermutlich in der fehlenden Bindung an ihre Kirche. Wenn die Kirche nicht oder kaum noch in der persönlichen Biographie vorkommt, dann steht am Ende wahrscheinlich eine einfache Kosten-Nutzung-Rechnung: „Was habe ich davon oder was fehlt mir?“ Gerade die jüngere Generation der über 25jährigen stellt sich diese Frage. Häufig wird dazu als Erklärung genannt: „Ich kann auch ohne Kirche meinen Glauben leben.“

Doch was würde es bedeuten, wenn den christlichen Gemeinden ihre finanzielle Grundlage entzogen wird? Schon heute ist es so, dass sie große Mühe haben, ihr Personal und ihre Gebäude zu halten. Der christliche Glaube existiert aber nicht im luftleeren Raum. Gottesdienste anlässlich von Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Bestattungen sollen in einem ansprechenden Rahmen stattfinden. Kirchenmusik, Kindergärten und kirchliche Versammlungsräume sind nicht zum Nulltarif zu haben. Die Vermittlung des Glaubens geschieht größtenteils durch Menschen, die einen qualifizierten Beruf ausüben. Wollen wir auf all das verzichten? Und was tritt dann an diese Stelle?

Zu den biblischen Texten in der Passionszeit gehört auch die Frage Jesu an seine Jünger: „Wollt ihr auch weggehen?“ (Johannes 6,67). Die Antwort des Petrus steht beispielhaft für seine Nachfolger/innen: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ Die Aufgabe der Kirche ist es, diesen Glauben an den Christus weiterzugehen, auf vielfältige Weise. Dazu braucht sie die Unterstützung ihrer Mitglieder.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Geistliche Impulse

Andachten, Predigten, Gedanken zum Monatsspruch oder die Zeitungskolumne „Mittendrin“ vermitteln geistliche Impulse

Geistliche Impulse erhalten Sie in unserer Gemeinde nicht nur in den Gottesdiensten und Veranstaltungen, sondern auch regelmäßig im Gemeindebrief  und im Westfälischen Volksblatt.

„Mittendrin“ ist eine ökumenische Kolumne von Dom und Abdinghof im zweiwöchentlichen Rhythmus im Westfälischen Volksblatt. 

Mittendrin am 11.2.2023 - Hör mal!

„Jetzt hör mir mal zu!“ Wer mit diesen Worten ein Gespräch einleitet, hat etwas zu sagen. Wenn wir eine wichtige Botschaft aussenden wollen, leiten wir sie gern mit einer solchen Aufforderung ein. Es gehört zu unseren menschlichen Bedürfnissen, dass uns jemand gut zuhört. Manchmal, weil wir einfach eine wichtige Nachricht weitergeben wollen. Oder weil wir sonst im allgemeinen Stimmengewirr unterzugehen drohen. Weil wir einen Hilferuf aussenden. Weil wir wirklich jemand brauchen, der oder die uns ein „Ohr leiht“. Wie wichtig das aktive Zuhören ist, wissen wir aus der Seelsorge. Wer hört mir wirklich zu? Wer versteht mich? In unserem Alltag neigen wir schnell dazu, andere zu überhören, leise Signale nicht wahrzunehmen oder einfach gleichgültig zu sein. Dabei ist doch das Ohr eine wunderbare Schöpfungsgabe Gottes. Wir können so viel wahrnehmen, wenn wir „ganz Ohr“ sind: Geräusche, Musik, Stimmen, Sprache, ja sogar die Stille können wir „hören“.

„Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.“ (Hebräer 3, V. 15) So lautet das Wort für den morgigen Sonntag Sexagesimae. Auf das Wort Gottes zu hören bedeutet, ganz aufmerksam zu sein für dieses Wort. Es begegnet uns auf so vielfältige Weise: im Gottesdienst, im Lesen der Bibel, im Hören der Morgenandacht im Radio, in der biblischen Losung des Tages. Vielleicht aber auch mittendrin in unseren täglichen Geschäften durch ein Wort, das uns mitten in unser Herz trifft. Wir müssen nur aufmerksam hinhören und dann die notwendigen Schritte tun. Dann verhallt ein Hilferuf nicht ungehört. Dann wird aus dem guten Hören das liebende und zupackende Handeln.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 14.1.2023 - Sehen und gesehen werden

„Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist …“ Mit diesem beliebten Spiel haben wir unsere Kinder bei längeren Autofahrten gerne bei Laune gehalten. Hinter diesem Spiel steckt eine tiefere Weisheit. Manchmal sehen wir an einem Menschen etwas, das er selbst gar nicht sieht: eine besondere Fähigkeit, eine drohende Gefahr, eine unentdeckte Leistung. Wir möchten selbst gern so gesehen werden, wie wir sind oder sein möchten. Doch Selbstbild und Fremdbild stimmen nicht immer überein. Manche unternehmen große Anstrengungen, in den „sozialen Medien“ ein bestimmtes „Image“ zu erhalten. Einige stehen im Rampenlicht, andere, „die im Dunklen, sieht man nicht“ (Bert Brecht). Darum ist es wichtig und gut, genau hinzusehen, auf die Menschen zu achten, die in Not sind, die Unterdrückung, Krieg und Verfolgung erleiden.

Sehen und gesehen werden, das gehört zu den Grundbedingungen unseres Lebens. Die biblische Losung für das neue Jahr ist eine Ermutigung: „Du bist ein Gott, der mich sieht“ (1. Mose 16, V. 13) Ausgesprochen von Hagar, der Magd von Sara, nachdem sie von Abraham ein Kind erwartete, mit ausdrücklicher Genehmigung Saras. Auf der Flucht vor unliebsamen Folgen ihrer Schwangerschaft begegnet sie an einer Wasserquelle dem Engel Gottes. Daraufhin nennt sie Gott den „El-Roi“, den „Gott, der mich sieht“. Das Bekenntnis Hagars ist zugleich auch ein Trost: Gott sieht mich, auch wenn andere mich nicht sehen. Gott sieht mich in meinen Ängsten und Nöten, aber auch in meiner Freude und in meiner Hoffnung. Er traut mir etwas zu. Er macht mir Mut. Er stärkt mir den Rücken. Möge es uns in diesem Jahr gelingen, dass wir andere Menschen mit ihren Bedürfnissen sehen und dabei selbst von Gott liebevoll angesehen werden.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

 

Mittendrin am 17.12.2022 - Magnificat – nur eine Utopie?

„Ave Maria“ – „Sei gegrüßt, du Begnadete. Der Herr ist mit dir!“
Die berühmten Worte der Begrüßung Marias durch den Engel Gabriel haben insbesondere in ihrer vertonten Form für viele Menschen eine hohe emotionale Bedeutung. Die Botschaft des Engels, dass Maria den Sohn Gottes zur Welt bringen soll, löst in ihr Erschrecken und Freude zugleich aus. Maria besucht daraufhin ihre Verwandte Elisabeth und wird von ihr selig gepriesen. Anschließend stimmt sie ein Loblied an: „Meine Seele erhebt den Herrn und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilands.“ (Lukas 1, Vers 46) Das so genannte „Magnificat“, das ebenfalls in der Musik einen vielfachen Nachklang gefunden hat, stellt unsere Weltordnung auf den Kopf: Die Mächtigen werden vom Thron gestoßen und die Niedrigen werden erhoben. Hungernde werden reich und Reiche gehen leer aus. Das Lied der Maria liest sich wie ein Kommentar zur gegenwärtigen Weltlage. Wie sehr wünschen wir uns den Frieden in der Ukraine und überall in der Welt. Wie anders könnte unsere Welt sein, wenn Diktatoren von ihrem Thron stiegen und Gerechtigkeit und Freiheit Einzug halten würden. Wie könnte sich unsere Welt verändern, wenn Korruption und die Gier nach Macht und Reichtum einer gerechteren Verteilung der Güter weichen würden. Das Lied der Maria ist ein radikaler Blick auf die Weltordnung, damals wie heute. Alles nur eine Utopie? In einem Adventslied heißt es: „O komm, du Morgenstern. Vertreib das Dunkel unserer Nacht. Von Schuld und Knechtschaft mach uns frei und von des Bösen Tyrannei. Freut euch, der Herr ist nah.“ Wo Menschen sich vom Geist Jesu leiten lassen, kann sich unsere Welt verändern. Das ist die Hoffnung von Weihnachten. Gott kommt in unseren Herzen an und bringt uns innere Freiheit, Freude und Frieden. So kann unsere Welt neu werden!

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 19.11.2022 - Die letzte Generation?

Die letzten Sonntage des Kirchenjahres richten unseren Blick auf die sogenannten „letzten Dinge“. Die Endlichkeit und Vergänglichkeit des Lebens, das „jüngste Gericht“, der Tod, die Hoffnung auf die Ewigkeit und die Wiederkunft Christi sind die Themen der Gottesdienste. Jesus hat seine Jünger auf seine Wiederkunft vorbereitet. Entscheidend ist für ihn die Wachsamkeit. „Lasset eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen“ (Lukas 12, V. 35). So lautet das biblische Wort für den morgigen letzten Sonntag des Kirchenjahres, den Ewigkeitssonntag. Die Mahnung zur Wachsamkeit wird in zahlreichen Gleichnissen anschaulich vermittelt. Die zehn Jungfrauen, die auf den Bräutigam warten, sind alle eingeschlafen, aber fünf von ihnen haben genug Öl, damit ihre Lampen weiterhin brennen können. Das Bild von den brennenden Öllampen ist ein Hinweis darauf, dass die Jünger das Kommen Jesu erwarten und sich auf seine Ankunft vorbereiten sollen. Die frühen Christen lebten zunächst in der Annahme, die letzte Generation vor der unmittelbar bevorstehenden Wiederkunft Christi zu sein. Als sich diese Erwartung nicht erfüllte, richteten sie sich auf einen längeren Zeitraum ein. Zugleich sollten sie immer mit der Wiederkunft ihres Herrn rechnen. Gespannte Erwartung, geduldige Hoffnung, begründeter Glaube und brennende Liebe sollten ihr Leben prägen. So ist es bis heute geblieben. Auf der Grundlage unserer demokratischen Ordnung können wir uns einsetzen für die Beachtung der Menschenrechte, für die Erhaltung der Schöpfung und ein friedliches und freies Zusammenleben in der Gesellschaft.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 22.10.2022 - Heilung der Welt

Wir leben in einer zerrissenen Welt. Das wird uns tagtäglich vor Augen geführt. Wie kann diese Welt geheilt werden? Der Popsänger Michael Jackson hat sich diese Frage vor 30 Jahren gestellt. Mit seinem Lied „Heal the World“ (Heile die Welt) versuchte er, Antworten darauf zu geben. Er rief die Zuhörer auf, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, vor allem für die Kinder und Enkel. Wie kann das geschehen? Für Jackson ist es die Liebe im Herzen des Menschen, die dazu fähig ist. Sein Traum von einer geheilten Welt schließt auch die biblische Vision von einer Welt ohne Angst ein, in der die Völker ihre „Schwerter zu Pflugscharen“ machen. Von dieser Vision sind wir heute weit entfernt. Gerade deshalb bleibt die Aufgabe, zu heilen, was zerbrochen ist und denen zu helfen, die unter Krieg und Zerstörung leiden.

Das biblische Wort für diesen Sonntag lautet: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil. Hilf du mir, so ist mir geholfen.“ Der Prophet Jeremia (Kap. 17, Vers 14) sieht die Voraussetzung für die Heilung der Welt in der Heilung des Menschen. Wenn die Gier nach Macht und Herrschaft überwunden wird, wenn die Wahrheit die Lüge überführt, wenn die Freiheit über die Unterdrückung siegt, dann kann auch die Welt zu einem besseren Ort werden. Im Leben und Wirken Jesu Christi wurde die Vision von einer geheilten Welt zeichenhaft sichtbar. Sein Name Jesus („Gott hilft“) ist Programm. Die Welt kann zu einem besseren Ort werden, wenn wir seinem Beispiel folgen.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 24.9.2022 - Sag mal Danke!

Am kommenden Sonntag feiert die evangelische Kirchengemeinde das Erntedankfest. In die mit Erntegaben geschmückte Kirche ziehen die Kinder ein und singen ein Danklied: „Lieber Gott ich danke dir, dass du bei mir bist, dass du alle Menschen liebst und mich nicht vergißt.“

In einfachen Worten ist damit das ausgedrückt, was in der gegenwärtigen Zeit für uns so wichtig ist: über allen Klagen und berechtigten Sorgen über die Zukunft das Danken nicht zu vergessen. „Lobe den Herrn meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat“ heißt es im 103. Psalm. Der Beter denkt an das Gute, also die Hilfe und den Beistand Gottes. Die Erinnerung an schöne Momente, an Bewahrung aus Gefahr, an die Menschen, mit denen ich eng verbunden bin, an die Nähe Gottes auch in menschlichen Begegnungen führt mich zur Dankbarkeit. Der römische Philosoph Cicero betrachtete die Dankbarkeit nicht nur als die Größte aller Tugenden, sondern auch als die Mutter von allen. Dankbarkeit kann nicht nur uns selbst, sondern auch andern Menschen Stärke und Kraft zum Tun des Guten vermitteln. Darum heißt es in einem Kinderlied: Sag mal Danke!

Für den Liederdichter Paul Gerhardt ist der Dank an Gott der Schlüssel zum Vertrauen auf die Zukunft. In seinem Lied „Nun danket all und bringet Ehr“ (EG 322, GL 403) ermutigt er zum Vertrauen auf Gott auch in schwierigen Zeiten: „Er gebe uns ein fröhlich Herz, erfrische Geist und Sinn und werf all Angst, Furcht, Sorg und Schmerz ins Meeres Tiefe hin.“ Kurz vor dem Ende des 30jährigen Krieges bittet er um den Frieden: „Er lasse seinen seinen Frieden ruhn auf unserm Volk und Land; er gebe Glück zu unserem Tun und Heil zu allem Stand.“

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 27.8.2022 - Demut in der Demokratie

Vor 50 Jahren lautete ein politischer Slogan: „Mehr Demokratie wagen“. In der gegenwärtigen Situation scheint ein anderes Motto noch wichtiger zu sein: „Die Demokratie stärken!“ Angesichts des Kriegs in der Ukraine mit den verheerenden Folgen für die Menschen und ihren Lebensraum ist die Stärkung demokratischer Institutionen und Prozesse unerlässlich. Wir können uns glücklich schätzen, in einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie leben zu dürfen mit unserem Grundgesetz, der Gewaltenteilung, dem Wahlrecht und den unveräußerlichen Grundrechten. Aber ein großer Teil der Menschheit lebt in autokratischen Systemen, in denen die Meinungsfreiheit unterdrückt und die Menschenrechte missachtet werden. Unsere Demokratie ist nicht selbstverständlich, sondern sie ist einst unter großen Anstrengungen und Opfern errungen worden. Sie muss immer wieder verteidigt und gestärkt werden.

Der morgige Sonntag lehrt uns Demut auch in dieser Hinsicht: „Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.“ (1. Petrus 5, V. 5) Wenn öffentliche Kundgebungen zur Meinungsbildung lautstark gestört werden, wenn politisch Handelnde verunglimpft oder sogar bedroht werden, dann ist es nötig, sich an die Tugend der Demut zu erinnern. Demut ist auf der einen Seite der Mut zum Dienen und sollte eine Haltung derer sein, die ein Amt ausüben, das ihnen übertragen wurde. Auf der anderen Seite ist Demut auch der nötige Respekt vor denen, die in öffentlicher Verantwortung stehen. Darum sollten wir uns gegenseitig an die Demut erinnern, damit unsere Demokratie auch in schwierigen Zeiten gestärkt wird.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 30.7.2022 - Keiner lebt für sich allein

Wir können „aufatmen“. Für viele Menschen hat sich das Motto des kirchlichen Liborifestes in diesem Jahr besonders bewahrheitet. Die Stadt ist voller Menschen, die einander begegnen, begrüßen, miteinander ins Gespräch kommen, zusammen feiern, das schöne Wetter und die entspannte Atmosphäre genießen. Corona ist auch noch immer präsent. Man hört, wer schon erkrankt war oder es gegenwärtig ist und wie man die Krankheit überstanden hat. Einander begegnen und Anteil nehmen am Leben des anderen gehören zusammen.

Das Evangelium des kommenden Sonntags erzählt auch von einer Begegnung vieler Tausender Menschen. Die sogenannte „Speisung der 5000“ mit fünf Broten und zwei Fischen gehört zu den Wundergeschichten im Neuen Testament. Das Wunder der Brotvermehrung will aber nicht als eine spektakuläre Zauberei Jesu verstanden werden. Für den Evangelisten Johannes ist es ein geheimnisvolles Zeichen, das auf den Sohn Gottes hinweist (Johannes 6). Zugleich nimmt Jesus seine Jünger in die Verantwortung: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ (Markus 6, V. 37) Die Aufforderung, miteinander zu teilen, bleibt eine Grundregel der Christen. Keiner lebt für sich allein. Schon die ersten Christen lebten in einer solidarischen Gemeinschaft. Hilfe für die Bedürftigen und das Bewusstsein, in einer Welt zusammen zu gehören, sind auch heute wesentliche Merkmale der Kirche. Die vielen ehrenamtlichen Dienste an den kirchlichen Treffpunkten am Liborifest und darüber hinaus sind ein deutliches Zeichen der Gastfreundschaft und Menschenliebe im Sinn Jesu. Können wir diese Haltung auch dann bewahren, wenn in unserer Gesellschaft Güter knapp werden?

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 2.7.2022 - Umkehr zum Leben

Sommerzeit ist Reisezeit. Viele Menschen machen sich auf den Weg in neue, bisher unbekannte Gebiete. Und manchmal geschieht es, dass man trotz Navigationsgerät in eine Sackgasse gerät. Dann heißt es, das Fahrzeug zu wenden und umzukehren, damit das gewünschte Ziel erreicht werden kann. In einer biblischen Erzählung geht es auch um eine Umkehr. Jesus kommt nach Jericho. Viele Menschen wollen ihn sehen, darunter auch der Zöllner Zachäus. Weil er so klein ist, steigt er auf einen Baum. Jesus entdeckt ihn und spricht ihn an. Zachäus ist nicht beliebt, weil er viele betrogen und übervorteilt hat. Durch die Begegnung mit Jesus kommt er zur Einsicht. Zachäus will sich bessern und den Schaden wieder gut machen. Dazu gehört zum einen die Einsicht in seine Fehler und zum anderen der Mut, sich zu ändern. Was war der Grund für seine „Umkehr“? Eine Moralpredigt Jesu über sein verwerfliches Verhalten? Die Erkenntnis, dass sein Betrug ihn einsam gemacht hat? Der Wunsch, noch einmal ganz von vorn anzufangen? Die biblische Erzählung gibt die Motivation nicht preis. Sie überliefert nur die Einladung Jesu zur Gemeinschaft mit Zachäus: „Ich muss heute in deinem Haus einkehren.“ Die Begegnung mit Jesus verändert ihn.

Was motiviert uns zur Umkehr? Die Einsicht, in eine Sackgasse geraten zu sein? Moralische Bedenken? Oder die nach vorn gerichtete Perspektive mit der Hoffnung auf ein besseres Leben? Das Beispiel des Zachäus zeigt, dass Umkehr von innen kommen muss. Weil Gott uns gesucht und gefunden hat, richten wir den Blick hoffnungsvoll in die Zukunft. Weil er uns angenommen hat, können wir uns anderen gegenüber vertrauensvoll öffnen. Gelegenheiten zur Umkehr gibt es viele: einen lange schwelenden Streit zu beenden. Sein eigenes Verhalten zu ändern, um die Umwelt zu schonen und den Verbrauch fossiler Energien zu verringern. Sich wieder neu auf die biblischen Gebote der Gottes- und Nächstenliebe auszurichten. Am Ende der Erzählung von Zachäus heißt es: „Heute ist diesem Haus Heil widerfahren.“ (Lukas 19, Vers 9)

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 4. Juni 2022 - Die Kraft des Windes

„Wind kannst du nicht sehen, ihn nur spürt das Ohr, flüstern oder brausen wie ein mächtger Chor.“ Mit dieser Zeile beginnt ein ökumenisches Lied aus dem Evangelischen Gesangbuch (EG 568). Die zerstörerische Kraft des Windes haben wir in unserer Stadt durch den Tornado schmerzvoll erfahren müssen. Damit konnte niemand rechnen. Die körperlichen, seelischen und materiellen Schäden sind groß. Dankbar können wir sein, dass niemand tödlich verunglückt ist. Die Bereitschaft, einander zu helfen, ist ein großes Geschenk.

Den Wind an sich kann man nicht sehen, wohl aber seine Wirkungen. Im Lied heißt es: „Wind kannst du nicht sehen, aber, was er tut: Felder wogen, Wellen wandern in der Flut.“ Glücklicherweise gibt es auch die positiven Wirkungen des Windes: das Zusammenspiel in der Natur von Sonne, Wind und Regen als Grundlage unserer Ernährung, erneuerbare Energien aus Windkraft, der Wind, der die Segel antreibt usw. In der Bibel wird der Wind als Bild für den Geist Gottes verstanden. In der Schöpfungsgeschichte ist es der „Rauch“, der über den Wassern schwebt. Als Lebenskraft Gottes und des Menschen setzt der Geist in Bewegung. Auch den Geist Gottes können wir nicht sehen, aber seine Wirkungen spüren: „Geist kannst du nicht sehen, doch hör, wie er spricht tief im Herzen Worte voller Trost und Licht.“ Die Jünger Jesu haben die Kraft des Geistes Gottes als Befreiung und Ermutigung erfahren. „Geist kannst du nicht sehen, doch, wo er will sein, weicht die Angst und strömt die Freude mächtig ein.“ Das Pfingstereignis wurde für sie zur Motivation, aus der Enge in die Weite, aus der Verschlossenheit in die Öffentlichkeit zu gehen. „Hergesandt aus Welten, die noch niemand sah, kommt der Geist zu uns, und Gott ist selber da.“ Aus dieser Erfahrung des Geistes leben wir noch heute, nicht nur am Pfingstfest. Der Geist Gottes führt uns zusammen, ermutigt uns zur gegenseitigen Hilfe und setzt ungeahnte Kräfte frei.

 

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 6.5.2022 - Ein neuer Mensch werden

Tagtäglich erreichen uns die Bilder und Nachrichten von den furchtbaren Zerstörungen aus der Ukraine. Der russische Angriffskrieg vernichtet unschuldige Menschen, nimmt ihnen ihre Lebensgrundlagen, treibt sie zur Flucht, lässt jede Menschlichkeit vermissen. Die Sehnsucht nach Frieden ist groß: nach einem Ende des Blutvergießens, des Hasses, der Gewalt. Der morgige Sonntag Jubilate bringt die Hoffnung auf eine völlige Veränderung der Welt und des Menschen zum Ausdruck. Das Wort für die kommende Woche lautet:

„Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“ (2. Korinther 5,17)

Wenn der Apostel Paulus von einer neuen Schöpfung spricht, dann meint er eine Welt ohne Leiden und Schmerzen, ohne Krieg und Gewalt. Die Hoffnung auf eine neue Schöpfung der Welt und des Menschen ist in der Auferstehung Jesu Christi begründet. Sie ist in unsere Welt hineingepflanzt wie ein Samenkorn, aus dem sich ein großer Baum mit vielen Früchten entwickeln kann. Der Wunsch nach Erneuerung betrifft aber nicht nur die Schöpfung als Ganzes, sondern auch den einzelnen Menschen. Wie kann ich ein neuer Mensch werden? Wie kann ich dem Bild entsprechen, das Gott sich von mir gedacht hat? Es fängt schon jetzt und hier an. Indem ich in mir selbst Frieden gefunden habe, kann ich diesen Frieden auch anderen weitergeben. Die Liebe und Vergebung, die mir geschenkt ist, kann mein Denken und Handeln prägen. Die Freiheit, die ich genieße, kann ich nutzen, damit auch andere in Freiheit leben können. Wer „in Christus“ lebt, trägt schon den Kern des Neuen in sich und setzt sich für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit ein.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 9.4.2022 - Hinauf nach Jerusalem

„Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.“ (Lukas 18, 31)

Der Weg des Leidens Jesu beginnt mit dem Einzug in Jerusalem. Am Anfang jubeln ihm die Menschen noch zu. Sie haben große Erwartungen. „Hosianna, gelobt sei der da kommt im Namen des Herrn.“ Sie hoffen auf Befreiung von der Besatzung durch die Römer. Sie sehen in Jesus den lange versprochenen Retter. Sie jubeln Jesus wie einem König zu, der in die Stadt einzieht. Doch sie hätten bereits sehen können, dass ihre Erwartungen enttäuscht werden. Der Einzug mit einem Esel erinnert an das Wort eines Propheten: „Siehe, dein König kommt zu dir, sanftmütig und reitet auf einem Esel.“ (Sacharja 9, V. 9). Es ist kein triumphaler Einmarsch eines Herrschers. Jesus will nicht als mächtiger König empfangen werden, sondern als Botschafter des Friedens und der Liebe Gottes. So geht er seinen Weg des Leidens konsequent bis zum Ende. Auch als die Menge das „Kreuzige ihn!“ ruft, bleibt er sich und seinem Auftrag treu. In seinem Leiden ist er mit den Menschen solidarisch.

Das entsetzliche Leiden der Menschen in der Ukraine wird uns tagtäglich vor Augen geführt. Noch immer haben es die Menschen nicht gelernt, in Frieden miteinander zu leben. Auch heute sind die Schwächsten in der Gesellschaft Opfer der Gewalt. Warum müssen Menschen noch immer unsägliches Leid erfahren? Was können wir tun, um Menschen dieses Leid zu ersparen? Wie können wir ihnen helfen, diesem Leid zu entkommen? Was können wir leisten, um ihr Leid zu lindern?

Der Weg Jesu hinauf nach Jerusalem ist der Weg nach Golgatha. In seinem Leiden werden wir an unsere Verantwortung erinnert, Menschen vor Krieg und Gewalt zu schützen und ihnen beizustehen.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 10.3.2022 - Krieg in der Passionszeit

Die Passionszeit hat begonnen. Das Kirchenjahr erinnert an das Leiden und Sterben Jesu Christi. Für die Menschen in der Ukraine und für alle, die mit ihnen fühlen, hat die Leidenszeit bereits am 24. Februar begonnen. Der brutale Angriffskrieg der russischen Armee gegen das Volk der Ukraine hat schon viele Opfer gefordert. Das erste Opfer in einem Krieg ist die Wahrheit. So lautet eine Lebensweisheit. Sie hat sich auch in diesem Krieg bestätigt. Wahr ist, dass mit aller Härte ein Krieg gegen die Zivilbevölkerung geführt wird ohne jede Rücksicht auf Kinder und alle schutzbedürftigen Menschen. Ganze Städte werden eingekesselt und ausgehungert. Mit aller Rücksichtslosigkeit und Härte werden Menschen verletzt und getötet und Häuser, Schulen und Krankenhäuser zerstört. Die Menschen in der Ukraine tun alles, um sich zu verteidigen. Ihr Leiden wird der russischen Bevölkerung vorenthalten. Die freiheitlich-demokratische Welt steht zusammen. Der Krieg zeigt, wie sehr Frieden und Freiheit geschützt werden müssen. Zwei Millionen Menschen aus der Ukraine sind inzwischen auf der Flucht, davon die Hälfte Kinder. Die Hilfsbereitschaft, sie aufzunehmen, ist groß.

„Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht!“ (Johannes 24,27.) Mit diesen Worten verabschiedet sich Jesus von seinen Jüngern. Seine Botschaft des Friedens ist sein Vermächtnis. Wie aktuell und wichtig diese Botschaft ist, wird uns in diesen Tagen besonders bewusst. Der Friede Jesu beginnt immer in den Herzen der Menschen und setzt sich fort in ihrem Verhalten. Zur Erhaltung des Friedens gehört auch, die Menschen in der Ukraine zu unterstützen und den Opfern des Krieges zu helfen. Die Aufgabe ist groß. Die Herzen der Menschen sind weit. Das gibt Hoffnung in der Passionszeit.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 12.2.2022 - Fremde Heimat Kirche?

„Fremde Heimat Kirche“. Unter diesem Thema wurde in den 90er Jahren innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland eine Untersuchung zur Mitgliedschaft durchgeführt. Schon damals zeigte sich ein sehr unterschiedliches Verhältnis der Mitglieder zu ihrer Kirche. Von einer hohen Verbundenheit bis hin zu einer starken Distanzierung haben die Befragten ihre Einstellung beschrieben. Inzwischen bezeichnet sich etwa ein Drittel der evangelischen Christen mit ihrer Kirche als „kaum oder überhaupt nicht verbunden“. Die zahlreichen Kirchenaustritte in jüngster Zeit spiegeln auch diese Haltung wider. Häufig führen äußere Anlässe, die Einsparung der Kirchensteuer oder persönliche Erfahrungen dazu, die Kirche zu verlassen. Besonders schmerzlich ist der hohe Anteil von jüngeren Menschen zwischen 25 und 35 Jahren, die sich von ihrer Kirche verabschieden. Da ein Austritt beim Amtsgericht erfolgt, gibt es leider vorher keine Gelegenheit zu einem Gespräch über die Gründe. Spätere Anfragen an die Ausgetretenen werden nur selten beantwortet. Die Kirche ist für viele Christen zu einer fremden Heimat geworden.

„So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.“ (Epheser 2, V. 19) Der Apostel beschreibt die Einheit der Gemeinde, die sich aus Christen verschiedener Herkunft zusammensetzt. Auch damals ging es darum, Menschen mit unterschiedlichen religiösen Erfahrungen und Einstellungen in den Gemeinden zusammenzuführen und ihnen eine geistliche Heimat zu geben. Noch immer ist es so, dass jeder evangelische oder katholische Christ einer Kirchengemeinde zugeordnet ist. Das flächendeckende Filialsystem der Kirche gewährleistet, das alle Christen sich in einer Gemeinde beheimatet fühlen können. Darüber hinaus gibt es weitere Orte, an denen christliche Gemeinschaft gelebt wird. Kirche ist Heimat. Mit ihren vielen sozialen und gesellschaftlichen Aufgaben ist die Bindung an eine lebendige Kirchengemeinde eine Chance, Heimat, Nähe und Gemeinschaft zu erfahren.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 15.1.2022 - Amazing grace

Als der amerikanische Präsident vor einem Jahr in sein Amt eingeführt wurde, erklang es vor dem Kapitol: „Amazing grace“. Es gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Kirchenliedern der Welt.

Vor 250 Jahren dichtete es der ehemalige Kapitän eines Sklavenschiffes, John Newton, aus Dankbarkeit für die Errettung aus schwerer Seenot. Er wurde Geistlicher und trat für die Abschaffung des Sklavenhandels ein. Das Lied ging in die afroamerikanische Gospelmusik ein und wurde zu einem Protestsong  gegen die Sklaverei und für die Einhaltung der Menschenrechte. John Newton beschreibt in diesem Lied seine Bekehrung zum christlichen Glauben. Vom Sünder zum Geretteten. Vom Blinden zum Sehenden. Vom Verlorenen zum Gefundenen. Es ist die Gnade Gottes, die ihn durch Ängste, Gefahren und Beschwernisse hindurch bewahrt und getragen hat. Er vertraut darauf, dass Gott ihm auch zukünftig Gutes verspricht und seine Hoffnung stärkt. Frieden und Freude ist seine Perspektive.

„Von seiner Fülle haben wir alle genommen, Gnade um Gnade.“ (Johannes 1, V. 16) Aus dem Anfang des Johannesevangeliums stammt das biblische Wort für den kommenden Sonntag. Am Anfang eines neuen Jahres hoffen wir auf Gottes Segen und Gnade, die uns durch eine schwierige Zeit hindurch begleiten möge. Wir wünschen uns eine „erstaunliche (amazing) Gnade“, die uns staunen lässt, wenn wir auf die erlebte Zeit zurückblicken. Wir sind dankbar für alle, die uns durch ihren Einsatz, ihre Kraft und ihre Vernunft durch die gegenwärtigen Herausforderungen hindurch geleiten. Wir wollen auch miteinander gnädig umgehen, weil wir selbst die Gnade Gottes erfahren haben.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 18.12.2021 - Weihnachts – Booster

„Jetzt #ÄrmelHoch und boostern lassen!“ Mit einem kurzen Werbespot im Internet wirbt das Bundesgesundheitsministerium für die Auffrischungsimpfung.

Ein Weihnachtsmann mit vielen Sozialkontakten erklärt mit aufgekrempelten Ärmeln, warum er sich boostern lässt: „Das wirkt nämlich, auch wenn man nicht dran glaubt.“

Die Booster-Impfung läuft auf Hochtouren dank eines vorbildlichen Einsatzes aller Beteiligten und der Bereitschaft der Bevölkerung, sich erneut impfen zu lassen. „Booster“ ist ein Wort, das ursprünglich aus der Naturwissenschaft kommt. Es bezeichnet z.B. einen Hilfsantrieb bei Dampflokomotiven. Mit der Booster-Impfung erhoffen wir uns eine verstärkte Immunisierung gegen das Corona-Virus.

Gibt es auch einen Booster für den christlichen Glauben? Das biblische Wort für den vierten Advent stammt aus dem Brief des Paulus an die Philipper: „Freuet euch in dem Herrn allewege und abermals sage ich euch: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“ (Phil 4,4-5) Der Apostel ruft die Gemeinde zur Freude auf. Hat sie das nötig? Offensichtlich ist sogar eine Wiederholung, eine Erinnerung erforderlich. Denn die Aufforderung wird gleich zweimal ausgesprochen. Genau darum geht es an Weihnachten. Dass wir uns daran erinnern lassen, dass wir einen Grund zur Freude zu haben. Denn Gott ist Mensch geworden. Gott ist uns ganz nahe gekommen. Gott ist bei uns in seinem Sohn Jesus Christus. Das Weihnachtsfest ist eine gute Gelegenheit, sein Glauben auffrischen zu lassen. Der Besuch eines Weihnachtsgottesdienstes nicht nur an Heiligabend, das Anschauen eines Video- oder Fernsehgottesdienstes, das Singen der Weihnachtslieder, das Hören auf die Weihnachtsgeschichte, die Begegnung mit Menschen, die Hilfe brauchen. Es gibt viele Möglichkeiten, sich mit der Botschaft von Weihnachten „boostern“ zu lassen. Damit die Freude von Weihnachten bei uns ihre Wirkung entfaltet.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 20. November 2021 - Zu spät?

Wir kennen die Situation. Mit letzter Anstrengung erreichen wir den Bahnsteig. Doch dann schließen sich die Türen und der Zug fährt ab. Zu spät! Am Bahnsteig können wir auf den nächsten Zug warten. In anderen Situationen ist das nicht so einfach. Die Corona-Situation hat sich dramatisch verschärft. Mit neuen Maßnahmen wird versucht, die Ansteckungen zu reduzieren, damit das Gesundheitssystem den Belastungen standhalten kann. Ob sich die Menschen nun impfen lassen, die es könnten und bisher noch nicht getan haben, bleibt eine offene Frage. Es besteht die Chance, sich selbst zu schützen und zugleich anderen gegenüber Verantwortung zu übernehmen. Es gibt jedoch auch ein zu spät, wenn man selbst infiziert ist und die Folgen nicht abschätzbar sind.

In den Lesungen am Ende des Kirchenjahres geht es auch um ein Handeln vor dem Hintergrund einer krisenhaften Situation. „Der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht.“ schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde in Thessalonich. (1. Thessalonischer 5, 2) Was ist die Konsequenz aus der erwarteten Wiederkunft Christi? „So lasst uns nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein.“ (V. 6) Wachsamkeit, Besonnenheit und entschlossenes Handeln sind die richtigen Verhaltensweise in einer Krise. Das gilt nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für staatliches Handeln. Gerade jetzt, damit es nicht am Ende heißt: „Zu spät!“

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 23.10.2021 - Überwinde das Böse!

„Liebe ist die stärkste Macht der Welt und doch ist sie die demütigste, die man sich vorstellen kann.“

Mit dieser Einstellung hat Mahatma Gandhi seinen Kampf für den Frieden und die Unabhängigkeit Indiens geführt. Obwohl er trotz fünfmaliger Nominierung nie den Friedensnobelpreis erhielt, ist er das wohl bekannteste Symbol für den gewaltlosen Weg zum Frieden im 20. Jahrhundert. In unserer Gegenwart sind die Gegensätze zwischen Menschen unterschiedlicher  Herkunft und Zugehörigkeit oftmals scheinbar unüberwindlich. Verfeindete Völker, die sich unversöhnlich gegenüber stehen. Wirtschaftliche Interessen, die sich gegenseitig ausschließen. Religiöse Weltanschauungen, die ihre Deutungshoheit beanspruchen. Wie können Gegensätze und konkurrierende Machtansprüche überwunden werden?

Das Bibelwort für den morgigen Sonntag lautet: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ (Römer 12, Vers 21). Die Aufforderung des Apostels Paulus ist mehr als ein moralischer Appell. Sie ist begründet in der Erfahrung, dass eine Spirale der Gewalt kein gutes Ende findet. Jesus selbst ist den Weg der Demut und der Liebe gegangen. Er hat den Frieden Gottes gelebt. Der Friede beginnt im Kleinen: in mir selbst, in der Familie, im Freundeskreis. Er setzt sich fort, wo Gegensätze überwunden und Brücken gebaut werden können. Wege des Friedens und der Versöhnung zu gehen, kann man lernen. Davon ist Gandhi überzeugt: „Wenn wir wahren Frieden in der Welt erlangen wollen, müssen wir bei den Kindern anfangen.“

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 25.09.2021 - Demokratie wählen

Am Sonntag wird gewählt. Wahlen werden auch als „Hochamt der Demokratie“ bezeichnet. Sie haben eine wichtige Funktion in unserem parlamentarischen System. Ihre Bedeutung tritt insbesondere vor dem Hintergrund anderer Staatsordnungen hervor. In Diktaturen finden nur Scheinwahlen statt, Menschen werden unter Druck gesetzt, Wahlen gefälscht, demokratische Parteien unterdrückt. Wir können uns glücklich schätzen, in einem Land zu leben, wo Recht und Gerechtigkeit, Gewaltenteilung und die Freiheit der Meinungsäußerung gelten. Unser Grundgesetz schützt die Würde und Freiheit des Einzelnen und hat das Wohl der Gemeinschaft zum Ziel. Es garantiert mit den Grundrechten auch die Gewissens- und Religionsfreiheit. Bei einer Wahl geht es immer auch um eine Beurteilung der Werte, die von den jeweiligen Parteien vertreten werden. Für mich haben die christlichen Werte eine hohe Bedeutung.

„Suchet der Stadt Bestes“ ist die Aufforderung des Propheten Jeremia an sein Volk im Exil (Jeremia 29,7). Sein Rat an seine Landsleute in Babylon betrifft einen totalitären Staat, in den sein Volk zwangsdeportiert wurde. Sogar dort sollen sich die Menschen für gute Lebensverhältnisse einsetzen. Um wieviel mehr gilt dies für einen demokratischen Staat, in dem wir leben dürfen. Der Austausch von Meinungen, das Ringen um den richtigen Weg für die Zukunft gehören dazu, ebenso wie Kompromisse, die zwischen den Regierungsparteien gefunden werden müssen. Jeremia fügt noch einen weiteren Rat hinzu: „Betet für die Stadt zum Herrn, denn wenn es ihr wohl geht, so geht es auch euch wohl.“ Auch unser Gebet möge die politisch Handelnden begleiten und ihnen damit auch die Verantwortung verdeutlichen, die sie in ihrem Amt haben. Unser Beitrag ist es, unser demokratisches Wahlrecht auch auszuüben.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 28.8.2021 - Gesichter der Barmherzigkeit

Sie sind vielfältig, die Gesichter der Barmherzigkeit. Sie blicken uns freundlich an auf den Stationen der Krankenhäuser, in den Alten- und Pflegeheimen. Sie sind uns zugewandt in den Impfzentren und Arztpraxen in der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Sie sind entschlossen und tatkräftig in den Überschwemmungsgebieten in Erftstadt, im Ahrtal und an anderen Orten. Sie sind entschlossen und mutig auf dem Flugplatz in Kabul, wenn sie unter einem hohen persönlichen Risiko Menschen aus Afghanistan evakuieren. Sie begegnen uns an vielen Orten in unserem Alltag, wenn sie wie selbstverständlich hilfebedürftige Menschen unterstützen, helfen und heilen, ein offenes Ohr haben, sich einsetzen und dabei oftmals mehr an andere als an sich selbst denken. Wir sind dankbar für diese Gesichter der Barmherzigkeit, die uns auf vielfältige Weise begegnen.

„Wer ist denn mein Nächster?“ fragt ein Schriftgelehrter Jesus, als er das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe als größtes Gebot bezeichnet. Und Jesus antwortet nicht mit einer Aufzählung oder Abstufung verschiedener Grade von Nähe oder Distanz, sondern mit einer Geschichte. Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter beginnt mit der Schilderung einer existentiellen Notlage und endet mit einer Aufforderung: „So gehe hin und tue desgleichen!“ (Lukas 10,37) Dazwischen werden die Reaktionen von drei Menschen berichtet, die an dem verwundeten Mann vorübergehen. Priester und Levit lassen sich von dem Notleidenden nicht von ihrem Weg abbringen. Nur der Samariter hält an, verbindet und pflegt den Verletzten, bringt ihn in Sicherheit und kümmert sich darum, dass er versorgt wird. „Wer ist der Nächste?“ Die Antwort Jesu lautet: „Der die Barmherzigkeit an ihm tat.“

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 31. Juli 2021 - Auf Fels gebaut

Die Folgen des Hochwassers sind verstörend. Die reißenden Wassermassen haben alles mit sich gerissen, was ihnen im Weg war. Zurück bleiben die Trauernden, deren Angehörige sich nicht retten konnten. Menschen, die ihr Haus, ihr Hab und Gut, ihre bisherige Sicherheit verloren haben. Zerstörte Orte und die bange Frage, wie es weitergehen soll. Auf der anderen Seite die Hilfsbereitschaft von Menschen, die professionell oder ehrenamtlich den Betroffenen tatkräftig zur Seite stehen. Die Anteilnahme und Spendenbereitschaft in der Bevölkerung. Das Versprechen der Regierenden, den Wiederaufbau zu unterstützen.

Das Hochwasser hat die Grenzen einer vermeintlichen Sicherheit aufgezeigt. Nun gilt es, nicht nur die Trümmer zu beseitigen und die zerstörten Orte wieder neu aufzubauen. Die vordringliche Aufgabe liegt zukünftig in einem besseren Schutz vor den Folgen der klimatischen Veränderungen. Dazu gehören neben Hochwasserschutzmaßnahmen auch die Warnsysteme.

Am Ende der Bergpredigt erzählt Jesus ein Gleichnis. Er vergleicht zwei Menschen, die ein Haus bauen. Der kluge Mann baut auf felsigem Grund. Der törichte Mann baut auf sandigem Boden. Als ein Sturm kommt und das Wasser steigt, bleibt das Haus auf dem Felsen stehen. Das andere Haus fällt ein. Jesus vergleicht den klugen Mann mit den Menschen, die seine Worte hören und in die Tat umsetzen. Die Worte Jesu sind verlässlich und haben auch in Krisen und Katastrophen Bestand. Sie trösten und ermutigen, sie bauen auf und geben Halt und Orientierung. Die Worte Jesu sind ein verlässliches Fundament, wenn wir sie nicht nur hören, sondern auch beherzigen: „Wer meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute.“ (Matthäus 7, 24)

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 3.7.2021 - Seid behütet!

Die Sommerferien in NRW haben begonnen. Viele Familien machen sich in den nächsten Wochen auf den Weg in den Urlaub. Nach einer langen und schwierigen Zeit in der Corona-Pandemie freuen sie sich nun auf eine möglichst unbeschwerte Urlaubszeit. Auch, wenn weiterhin Vorsicht geboten ist, freuen sie sich auf die neuen Möglichkeiten der Erholung und Entspannung. Wer auf Reisen geht, hofft darauf, behütet anzukommen und unterwegs vor Unfall und Gefahr bewahrt zu bleiben. Wir wünschen uns „Gute Reise“ oder „Kommt gut wieder heim!“ oder ganz einfach „Auf Wiedersehen“. Unsere Abschiedsrituale erinnern an das, was die Bibel Segen nennt.

Schon Abraham erhält einen Reisesegen für seinen Weg in ein Land, das Gott ihm zeigen will. „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein!“ (1. Mose 12, V. 2) Das Besondere dieses Segens ist, das er nicht nur Abraham gilt, sondern umgekehrt auch von ihm Segen ausgeht. Das lateinische Wort für Segen, Benediktion, heißt übersetzt: „gutsagen“. Gott sagt uns Gutes zu und wir können anderen Gutes zusprechen.

In einem alten jüdischen Gebet heißt es: „Herr, unser Gott und Gott unserer Väter, möge es dein Wille sein, uns in Frieden zu leiten, unsere Schritte auf den Weg des Friedens zu richten, und uns wohlbehalten zum Ziel unserer Reise zu führen. Behüte uns vor aller Gefahr, die uns auf dem Weg bedroht. Bewahre uns vor Unfall und vor Unglück, das über die Welt Unruhe bringt. Segne die Arbeit unserer Hände. Lass uns Gnade und Barmherzigkeit vor deinen Augen finden; Verständnis und Freundlichkeit bei allen, die uns begegnen. Höre auf die Stimme unseres Gebetes.“

In diesem Sinn wünsche ich allen, die unterwegs sind, gesegnet zu werden und für andere ein Segen zu sein.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 5. Juni 2021 - Geistlicher Impfschutz

Mit dem Impfen geht es voran. Inzwischen haben fast 45% der Bevölkerung eine erste Impfung erhalten. Mit der zweiten Impfung wird eine vollständige Immunisierung angestrebt. Bis alle Impfwilligen auch vollständig geimpft sind, wird es zwar noch dauern. Aber das Ziel der Immunität steht klar vor Augen: unseren Körper für die Angriffe durch das Virus unempfänglich zu machen und unsere Gesundheit zu schützen.

Immunität können wir nicht nur im Hinblick auf den Körper, sondern auch auf den Geist anstreben. Denn wir sind ständig Meinungen, Weltanschauungen und Einflüssen ausgesetzt, die für unsere Seele und den Geist schädlich sein können. Es sind Worte und Gedanken, durch die andere Menschen herabgesetzt, entehrt oder gedemütigt werden. Auch gegenüber solchen Angriffen müssen wir uns aktiv zur Wehr setzen. Wir brauchen sozusagen einen geistigen Impfschutz, der uns vor negativen Einflüssen bewahrt.

Der Apostel Paulus schreibt der Gemeinde in Philippi: „Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“ (Philipper 4, V. 7) Dieses biblische Wort, das häufig zum Ende einer Predigt als Kanzelgruß gesprochen wird, drückt den Wunsch nach Schutz und Bewahrung aus. Es ist ein geistlicher Impfschutz gegen schädliche Worte und Gedanken. Wir erlangen ihn durch die Erinnerung an das Wirken und die Worte Jesu. Seine Aufforderung zur Nächstenliebe bewahrt uns davor, andere zu verunglimpfen oder schlecht über sie zu reden. Sein Vertrauen zu Gott ist für uns ein Vorbild und es gibt auch uns Kraft und Mut, schwierige Situationen mit Hoffnung und Zuversicht zu bestehen. So kann der Friede Gottes unser Denken und Handeln bestimmen.

 

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 8. Mai 2021 - Kein falsches Zeugnis geben

Ein Zeugnis ist laut Duden „eine urkundliche Bescheinigung, eine Beurteilung, ein Gutachten, eine Aussage vor Gericht oder etwas, was das Vorhandensein von etwas beweist“. In unserem Alltag sind wir auf die Gültigkeit und Wahrhaftigkeit von Zeugnissen angewiesen. Denn wer möchte sich schon von einem Arzt behandeln lassen, der nicht die notwendige Ausbildung absolviert hat? Oder wer will in einem Flugzeug fliegen, das nicht auf seine Sicherheit überprüft worden ist? Und sicherlich möchte keiner Lebensmittel konsumieren, die nicht den staatlichen Anforderungen entsprechen.

Unser Zusammenleben beruht darauf, dass Zeugnisse ehrlich und wahrhaftig sind. Urkunden dürfen nicht gefälscht und Zertifikate müssen wahrheitsgemäß ausgestellt werden.

Im 2. Buch Mose 20, V. 16 heißt es: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten“. In diesem Gebot geht es um Vertrauen und Verlässlichkeit in unserem Zusammenleben. Üble Nachrede oder falsche Behauptungen zerstören nicht erst im Zeitalter von sogenannten „sozialen Medien“ menschliche Beziehungen. Aber schließt es nicht auch die Glaubwürdigkeit von Zeugnissen und Testaten mit ein?

In der gegenwärtigen Situation der Corona-Pandemie ist von gefälschten Impfpässen und Testberichten die Rede, die illegal angeboten werden. Was kann ein gefälschter Impfpass anrichten? Dann gibt es Menschen, die weder sich selbst noch andere schützen. Die vielleicht das Corona-Virus in sich tragen und damit andere Menschen in Gefahr bringen. Wenn wir auf die Glaubwürdigkeit eines Gesundheitszeugnisses nicht mehr vertrauen können, dann ist es um die Solidarität und Sicherheit in unserem Zusammenleben schlecht bestellt.

Die Beachtung des achten Gebotes kann hingegen um unsere Gesellschaft einen schützenden Wall bilden, in dem wir sicher und geborgen leben können.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 10.4.2021 - Im nächsten Leben

„In meinem nächsten Leben werde ich …“ So beginnen manche Sätze, die einen Wunsch nach Veränderung ausdrücken: Ich möchte zielstrebiger sein, die Jugend auskosten, einen anderen Beruf ausüben, die Partnerschaft anders gestalten, mehr auf die Gesundheit achten, keine Zeit mehr verschwenden … Es gibt vieles, das wir gern ändern würden, wenn wir noch einmal von vorne anfangen könnten. Der Wunsch nach einem neuen Anfang ist allzu menschlich. Der Satz, der manchmal so scheinbar beiläufig dahin gesagt wird, hat einen echten Kern. Wie wäre es, wenn wir noch einmal von vorn beginnen könnten?

Eine „Wiedergeburt“, computertechnisch gesprochen, ein „reset“, wäre doch verlockend, oder?

„Renaissance“, übersetzt „Wiedergeburt“, wird eine ganze Kulturepoche genannt, die eine Wiederbelebung der Antike anstrebte und aus der die berühmtesten Werke der Malerei stammen.

Eine Wiedergeburt im Sinn eines völligen Neuanfangs ist auch in der christlichen Theologie verankert. Im Wochenspruch für den Sonntag „Quasimodogeniti“ (übersetzt: „wie die neugeborenen Kinder“) heißt es: „Gelobt sei Gott, der uns wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“ (1. Petrus 1, V. 3). „Wiedergeburt“ meint hier nicht einen unendlichen Kreislauf von neuen Geburten wie in östlichen Religionen, sondern einen einmaligen Vorgang, der von Gott selbst herbeigeführt wird. Es ist auch kein zukünftiges Ereignis, sondern bereits in der Auferstehung Jesu Christi angelegt. Dank seiner Auferstehung sind wir als Christen „wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung“. Sie ist bereits in unserer Taufe angelegt. Ein neuer Anfang ist bereits hier und jetzt möglich. Mit dem Rückenwind von Ostern können wir unser Leben neu gestalten, getröstet, gestärkt und gehalten.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 13. März 2021 - Das Geheimnis des Weizenkorns

„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein. Wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.“ (Joh 12, V. 24)

Ein einzelnes Weizenkorn, das in der Hand liegt. Es ist klein und leicht, hart und verschlossen, scheinbar tot. Dieses Korn erwacht erst dann zum Leben, wenn es in die Erde gelegt wird. Es braucht die Erde, die es umhüllt, Wasser und Nährstoffe. Dann aber bricht es durch die Erde, wächst zu einem Getreidehalm mit vielen Körnern. Es bringt vielfältige Frucht.

Jesus verwendet dieses Beispiel aus der Landwirtschaft, um seinen eigenen Weg zu beschreiben. Er geht den Weg des Leidens bis zum Tod. Aber das ist nicht das Ende. Die Frucht seines Leidens und Sterbens ist das neue Leben.

Der morgige Sonntag Lätare, übersetzt „Freut euch!“ ist ein Lichtblick in der Passionszeit. Ein Aufatmen, ein Blick nach vorn, eine Ermutigung. Nach der Passion folgt die Auferstehung. Der Eine gibt sein Leben für die Vielen. Daran will uns dieses Bild vom Weizenkorn erinnern.

„Das Weizenkorn muss sterben, sonst bleibt es ja allein; der eine lebt vom andern, für sich kann keiner sein. Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben.“ So heißt es in einem neueren Kirchenlied. Gerade in gegenwärtigen Situation brauchen wir die gegenseitige Ermutigung und Unterstützung. Füreinander da zu sein, aneinander zu denken, miteinander die Folgen der Pandemie zu tragen. „Als Brot für viele Menschen hat uns der Herr erwählt. Wir leben füreinander und nur die Liebe zählt.“ In die Liebe liegt das Geheimnis des Weizenkorns. Aus Liebe ist es gestorben, damit daraus die Frucht der Liebe erwächst.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 13.02.2021 - Spielraum – 7 Wochen ohne Blockaden

Ein „Spielraum“ ist ein Rahmen, innerhalb dessen unterschiedliche Deutungen zugelassen sind. Das erleben wir bei jedem Fußballspiel, wenn der Schiedsrichter für die Auslegung der Spielregeln einen begrenzten „Spielraum“ hat. In der Politik gibt es Spielräume beim Aushandeln von Kompromissen, in der Wirtschaft bei der Gestaltung von Preisen, in der Theologie in der Deutung von biblischen Texten – überall gibt es “Spielräume“, die wir nutzen können. Gegenwärtig erleben wir intensive Diskussionen um die „Spielräume“, die wir möglicherweise aufgrund der sinkenden Zahl von Ansteckungen mit dem Corona-Virus für Lockerungen und Öffnungen haben können.

„Spielraum – 7 Wochen ohne Blockaden“ lautet das Motto der diesjährigen Fastenaktion der evangelischen Kirche. Fasten im Sinn von Verzicht üben erleben wir unfreiwillig bereits seit Wochen: durch die Einschränkungen der privaten und öffentlichen Kontakte, durch Beschränkung oder Schließung von Kindergärten und Schulen, Geschäften, Kultureinrichtungen oder Gaststätten. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus blockieren viele unserer persönlichen Freiheiten. Dennoch gibt es „Spielräume“, in denen wir uns bewegen können.

„Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ heißt es im 31. Psalm. Das ist mehr als ein frommer Wunsch. Denn ein zentraler Inhalt des christlichen Glaubens ist die Freiheit zum Denken und Handeln. Wir sind frei, unsere Meinung zu äußern und unseren Glauben zu leben. Wir sind frei, auf Besserung zu hoffen. Wir sind frei, die inneren Blockaden von Vorurteilen zu überwinden. Wir sind frei, neue und kreative Lösungen zu suchen. Wir sind frei, einander in Liebe zu begegnen und füreinander da zu sein. Nutzen wir unsere „Spielräume“!

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 16.01.2021 - Seid barmherzig!

Ein neues Jahr hat begonnen mit düsteren Vorzeichen. Die Corona-Pandemie bestimmt unseren Alltag, unser Denken, unser Handeln. Planungen sind schwierig, werden oft schon nach kurzer Zeit wieder hinfällig. Das Gebot der Stunde ist Abstand: Distanzunterricht, Homeoffice, Videokonferenzen, Online-Gottesdienste. Die Losung für das neue Jahr 2021 setzt einen ganz anderen Schwerpunkt: Nähe! „Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist.“ (Lukas 6, V. 36)

Jesus ruft seine Jünger in seiner Feldrede zur Barmherzigkeit auf. Er hat sie ihnen vorgelebt. In seiner Zuwendung zu den Kranken, zu den Armen, zu den Ausgestoßenen, zu den Verachteten. Doch es bleibt nicht bei einem Appell. Sondern Jesus begründet seinen Aufruf zur Barmherzigkeit mit dem Verhalten Gottes. Weil Gott barmherzig ist, können und sollen wir es auch sein. In Jesu Gleichnissen leuchtet die Liebe Gottes und die Liebe zum Nächsten auf: Gott ist wie ein Vater, der den verlorenen Sohn wieder mit offenen Armen empfängt. Der barmherzige Samariter kümmert sich um den in Not Geratenen, indem er ihn aufnimmt, pflegt und versorgt.

Barmherzigkeit erleben wir auch heute in den Kliniken und Altenheimen, in häuslicher Pflege, in stationären Einrichtungen. Überall, wo Menschen ein Herz füreinander haben, wo sie sich eines anderen erbarmen, wo sie einem anderen Menschen nah sind, kann Barm-HERZ-igkeit Raum gewinnen. Aber auch im alltäglichen Umgang lasst uns barmherzig miteinander sein. Wenn wir einander Fehler zugestehen können, wenn wir nicht sofort nach den Schuldigen suchen, wenn wir statt Schwächen aufzuspüren, die Stärken hervorheben, wenn wir auch mit uns selbst gnädig sind. Gottes Liebe macht erfinderisch, setzt Phantasie und Kreativität frei. Darum lasst uns in diesem Jahr Zeichen der Liebe und Barmherzigkeit setzen in Worten und Taten.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 19.12.2020 - Corona-Weihnacht

Jedes Jahr habe ich mich auf die Gottesdienste am Heiligen Abend gefreut.

Die spannungsvoll-knisternde Atmosphäre vor dem Krippenspiel bei den Konfirmanden und die erwartungsvollen Gesichter der Kinder in einer übervollen Kirche waren immer ein Höhepunkt im ganzen Jahr. Die vollbesetzte Kirche in der Vesper und die fröhlich-meditative Stimmung in der von Weihnachtsmusik erfüllten Christnacht sind ein besonderes Erlebnis.„Jauchzet, frohlocket!“ Mit den Worten und Klängen aus dem Weihnachtsoratorium  wurden die Besucher in die Nacht entlassen.

Das alles wird es in diesem Jahr nicht geben. Die Beteiligung der Gemeinde an den Gottesdiensten werde ich schmerzlich vermissen. Gleichwohl hat die Weihnachtsbotschaft selbst nichts von ihrer Kraft verloren.

Am 4. Advent hören wir die Aufforderung des Apostels Paulus: „Freuet euch indem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“ (Phil 4, Vers 4). Es fällt nicht leicht, dieser Aufforderung zur Freude nachzukommen, wenn man die täglichen Nachrichten von Infektionen und Todesfällen hört. Dennoch ist diese Freude kein oberflächlicher Jubel, sondern eine tiefe, innere Freude und Dankbarkeit, dass Gott auch im Leiden an unserer Seite ist. „In dir ist Freude in allem Leide“. So heißt es in einem Lied. In diesem Jahr werden wir vielleicht mehr als sonst spüren, was uns an Weihnachten besonders lieb und wert ist und was wir schmerzlich entbehren.

Die Weihnachtsbotschaft der Engel: „Euch ist heute der Heiland geboren“ möchte ich auf jeden Fall hören und lesen. Sei es in einem Videogottesdienst, als persönliche Lektüre oder in einem gesungenen Weihnachtslied. „Fürchtet euch nicht!“ rufen die Engel den Hirten zu. Ich nehme diese Worte gegen die Ängste und Dunkelheiten unserer Zeit dankbar auf.

Ich wünsche Ihnen trotz allem frohe und gesegnete Weihnachten!

Pfarrer Dr. Eckhard Düker

 

Mittendrin am 21.11.2020 - Seid allzeit bereit!

„Allzeit bereit!“ ist der Gruß der Pfadfinder, den ihr Gründer Robert Baden-Powell ausgewählt hat.

„Be prepared – Seid bereit!“ bedeutet, sich stets an das Pfadfinderversprechen zu erinnern und danach zu handeln. Dazu gehört: Andere achten, Verantwortung übernehmen, hilfsbereit und rücksichtsvoll sein, sich selbst beherrschen, aufrichtig und zuverlässig sein, dem Frieden und der Bewahrung der Schöpfung zu dienen.

Allzeit bereit! So könnte man auch das Wort für den letzten Sonntag des Kirchenjahres, den Ewigkeitssonntag, auf eine kurze Formel bringen: „Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen!“ (Lukas 12,35). Das Evangelium berichtet von den zehn Jungfrauen, die auf die Ankunft des Bräutigams warten. Ihre Öllampen brennen, aber als der Hochzeitszug ausbleibt, drohen die Lichter zu verlöschen. Die eine Hälfte der Brautjungfern hat Ersatzöl dabei, die andere Hälfte muss erst Nachschub besorgen. Als sie zurückkommen, ist der Bräutigam bereits mit den anderen Jungfrauen in den Hochzeitssaal eingezogen und die Türen sind verschlossen. Das Fazit dieses Gleichnisses lautet: Manchmal ist es zu spät, darum seid allzeit bereit!

Auch wir kennen die Erfahrung, dass es ein „zu spät“ gibt. Wenn ein Mensch gestorben ist, ist es zu spät für eine Versöhnung nach einem langen Streit, für Zeichen der Liebe und Anerkennung, für Worte, die man noch hätte sagen wollen. Darum mahnt uns das biblische Gleichnis, rechtzeitig das zu tun, was uns wichtig ist. Jeden neuen Tag als Chance zu begreifen, einander Gutes zu tun, füreinander da zu sein, sich freundlich und ehrlich zu begegnen. In unserem Tun und Lassen vertrauen wir darauf, dass Gott uns am Ende gnädig annimmt und wir in seiner Liebe geborgen sind.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 24.10.2020 - Was ist gut?

Was ist in der gegenwärtigen Pandemie-Situation gut und richtig? Die Corona-Schutzverordnungen geben klare Regeln vor. Sie werden an die jeweilige Lage angepasst. Angesichts stark steigender Infektionszahlen werden mehr Einschränkungen notwendig. Regeln nützen jedoch nur, wenn sie auch eingehalten werden. Dazu sind Einsicht, Selbstverantwortung und Rücksicht auf andere erforderlich. Die persönliche Einstellung ist dabei entscheidend. Denn sie leitet das Handeln, auch wenn es niemand kontrolliert.

Persönliche Einstellungen und daraus folgendes Handeln spiegeln sich auch im Wochenspruch für den kommenden Sonntag wider: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“ (Micha 6, Vers 8)

Der Prophet Micha richtet diesen Appell an seine Landsleute. Er  erinnert sie an die Befreiung aus der Gefangenschaft in Ägypten. Der Dank an Gott für die Rettung prägt auch das Verhalten in der Gegenwart. Er fragt: Worin besteht der wahre Gottesdienst? Nicht nur in kultischen Vollzügen, sondern mehr noch im alltäglichen Verhalten. Das Gute zu tun entspricht dem Willen Gottes. Gut ist es, sich an Gottes Wort und seine Gebote zu halten. Dazu schenkt Gott Mut und Zuversicht. Gut ist es, das Wohl des Nächsten zu beachten. Gut ist es, demütig zu sein. Das ist die Einsicht, selbst nicht alles besser zu wissen und auch Fehler eingestehen zu können. Korrekturen sind möglich.

Wir stehen vor großen Herausforderungen. Wir brauchen den Rat von Fachleuten. Die Pandemie und ihre Folgen können wir nur gemeinsam bewältigen, wenn wir uns und andere so weit wie möglich schützen.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 26.09.2020 - Verhalten in der Pandemie

Wie sollen wir uns in der gegenwärtigen Corona-Pandemie verhalten?

Grundlage ist die sogenannte AHA-Regel: Abstand halten – Hygiene beachten – Alltagsmaske (Mund-Nasen-Bedeckung) tragen. Darüber hinaus gibt es die jeweiligen Corona-Schutzkonzepte des Landes, die das Verhalten in unterschiedlichen Situationen regeln. Warum wir diese Regeln beachten sollen, ist klar: Es geht um die Gesundheit und den Schutz vor der Ansteckung durch das Virus. Angesichts der stark ansteigenden Zahlen von Erkrankungen in den europäischen Nachbarländern ist besondere Vorsicht geboten. Sie entspricht auch einer christlichen Grundhaltung, die der Apostel Paulus im Brief an Timotheus formuliert:

„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Timotheus 1, Vers 7)

„Angst ist kein guter Ratgeber“, sagt ein Sprichwort. Sie mahnt zwar zur Vorsicht, aber zur Bewältigung von Problemen braucht man auch Mut und Zuversicht. In den Kirchen werden mit viel Kreativität und Phantasie neue Wege der Gestaltung von Gottesdiensten und Gemeindearbeit gegangen. Die notwendige Kraft zum Durchhalten ist gerade jetzt eine wichtige Eigenschaft. Wir sind  den medizinischen und pflegerischen Kräften sehr dankbar, die an vorderster Front im Kampf gegen das Virus stehen. Die Nächstenliebe ist die christliche Grundhaltung, mit der ich dem anderen Menschen begegne. Der Schutz des anderen Menschen steht höher als das eigene Bedürfnis nach Freiheit und Freizügigkeit. Eine besonders wichtige Eigenschaft in der gegenwärtigen Situation ist die Besonnenheit. Sie hilft uns, den richtigen Mittelweg zu finden zwischen Lockdown und Lockerung, Verboten und Eigenverantwortung, Freiheit und Verzicht. Hoffen wir, dass wir auch in den kommenden Monaten weiterhin den richtigen Umgang mit der Pandemie finden.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 29.8.2020 - Das Licht nicht auslöschen

In der Ausstellung „Leben am Toten Meer“, die derzeit im Museum in der Kaiserpfalz zu sehen ist, werden auch einige Öllämpchen aus Ton aus der Antike gezeigt. Sie waren eine weit verbreitete Lichtquelle. Man kann sich vorstellen, wie gefährdet die Flamme war, wenn ein Windhauch über sie hinweg zog. Schnell konnte die Flamme verlöschen und der Docht verglimmen. Bis heute verwenden wir das Bild vom verlöschenden Licht in unserer Sprache als Zeichen für schwindende Kräfte, für ein nahendes Ende.

Das biblische Wort für die kommende Woche lautet: „Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“ (Jesaja 42,3)

Es gibt Situationen, in denen wir uns „geknickt“ fühlen oder die Flamme der Hoffnung in uns erlischt:  Wenn Menschen ihre Gesundheit und Lebenskraft verlieren. Wenn enge Beziehungen zu zerbrechen drohen. Wenn die berufliche Existenz gefährdet ist. In solchen Situationen suchen wir nach dem, was uns Kraft gibt und was uns aufrechterhält. Es können Menschen sein, die uns den Rücken stärken in einer bedrohlichen Lage. Es kann ein helfendes Gespräch mit jemandem sein, dem wir vertrauen. Eine Auszeit in einer stressigen Situation. Vielleicht ein Gottesdienst, ein Gebet, eine Stille, in der wir zur Ruhe kommen. Gerade jetzt, inmitten der Corona-Pandemie brauchen wir solche Momente der Stärkung und Vergewisserung. Sie sind wichtig für unser seelisches Immunsystem. Es ist tröstlich, wenn wir spüren, dass das geknickte Rohr nicht zerbrochen und der glimmende Docht nicht ausgelöscht wird.

 

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 1.08.2020 - Licht, Leben und Zeit

Der schwedische Naturforscher Carl von Linne machte eine interessante Entdeckung. Er beobachtete, dass krautige Pflanzen regelmäßig zu unterschiedlicher Tageszeit ihre Blüten öffnen. So können die Insekten Nektar und Pollen den ganzen Tag und die Nacht über suchen und die Blüten bestäuben. Aus seinen Erkenntnissen konstruierte Linne eine Blumenuhr, die ihm angeblich mit einem Blick eine ziemlich genaue Zeitangabe ermöglichte.

Den Zusammenhang zwischen Licht, Leben und Zeit erfahren wir im Sommer ganz besonders. Das Sonnenlicht bestimmt unseren Tagesablauf, wir genießen die warmen Sommerabende. Im Urlaub nehmen wir die Natur viel bewusster wahr. Die Zeit gestalten wir anders und sind offen für neue Eindrücke und Begegnungen.

„Lebt als Kinder des Lichts. Die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“ (Epheser 5, V. 8+9)

Die Aufforderung des Apostels ist nicht auf den Sommer beschränkt, aber sie ist jetzt besonders gut zu verstehen. Ein Leben im Licht bedeutet, den Anderen wahrzunehmen mit seinen jeweiligen Bedürfnissen. Wie die Blüten sich für die Insekten öffnen, um ihnen Nahrung zu geben, sind wir gerufen gütig und gerecht zu sein, Solidarität zu üben mit denen, die unter der gegenwärtigen Situation besonders leiden, der Wahrheit zum Recht zu verhelfen. So werden wir füreinander zu Licht und Leben, bringen andere„zum Blühen“, damit sie sich öffnen und entfalten können. In einem Kirchenlied heißt es:

„Wie die zarten Blumen willig sich entfalten und der Sonne stille halten, lass mich so still und froh deine Strahlen fassen und dich wirken lassen.“

 

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 4.7.2020 - Ferien in Corona-Zeiten

Ferien in Corona-Zeiten

Die Sommerferien haben begonnen – endlich! Doch in diesem Jahr stehen sie unter besonderen Bedingungen. Viele bleiben zu Hause, meiden Flugreisen oder Aufenthalte im Ausland. Andere sind in Deutschland unterwegs, wissen aber nicht, ob sie kurzfristig am Urlaubsort oder im Heimatkreis besonderen Beschränkungen unterliegen werden. Nach den Wochen des Lockdowns und den Lockerungen sind wir weiterhin auf Wachsamkeit und Vorsicht im Umgang mit dem Corona-Virus angewiesen. Dennoch sind wir froh, nun einmal durchatmen zu können. Wir kommen zur Ruhe, wir genießen die Auszeit, wir pflegen unsere Kontakte. Wir blicken zurück auf das Vergangene und sehen, wie viel sich in kurzer Zeit verändert hat. Was Digitalisierung bedeutet, ist für viele ganz konkret geworden in zahlreichen Videokonferenzen, im Home-Office und im Alltagsleben. Familien haben sich den Herausforderungen der Kinderbetreuung gestellt und sind neu zusammengewachsen. Viele müssen Einschränkungen in ihrem Beruf erleiden. Die stetige Bedrohung der Gesundheit durch das Virus ist ebenfalls eine Belastung, die auch weiterhin bestehen bleibt.

Der Wochenspruch für den kommenden Sonntag mahnt uns, dabei nicht nur auf uns selbst zu sehen: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ (Galater 6,V. 2) Wir sind dankbar für alle, die mithelfen, die Lasten zu tragen. Solidarität, Nächstenliebe und nachbarschaftliche Hilfe sind die positiven Erfahrungen, die wir in den letzten Monaten machen durften. Jeder kann dazu beitragen, die Krise zu bewältigen. Solidarisches Handeln macht keine Ferien.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 6. Juni 2020 - Höhere Mathematik

1+1=2. Diese mathematische Rechnung lernt schon jedes Kind. Und damit ist auch eine Grundregel des Lebens ausgedrückt. Denn es gibt Gewissheiten, die lässt man sich nicht ausreden. Man lässt sich eben kein x für ein u vormachen. In der gegenwärtigen Situation scheinen sich bei manchen Menschen jedoch die Koordinaten zu verschieben. Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit der Corona – Pandemie machen sich breit. Im Internet haben Lügen, Halbwahrheiten und abstruse Theorien erheblich mehr Zuspruch als nüchterne Bestandsaufnahmen und fundierte wissenschaftliche Erklärungen. Aber Millionen von Infizierten und Hunderttausende Tote sind real. Die menschlichen, psychischen und wirtschaftlichen Folgen sind erheblich. Vorsicht, Rücksichtnahme, Wachsamkeit und gesunder Menschenverstand sind gefragt.

1+1+1 =1. Diese Rechnung widerspricht allen mathematischen Regeln. Es ist eine theologische Aussage. Sie betrifft die Dreieinigkeit Gottes. Vater, Sohn und Heiliger Geist sind drei Personen, aber ein Wesen. Sie handeln eigenständig und sind dennoch nicht voneinander zu trennen. So sagt es das alte Glaubensbekenntnis der Kirche. Am morgigen Fest Trinitatis steht die Dreifaltigkeit Gottes im Mittelpunkt. Gott begegnet uns als der Schöpfer und Erhalter unseres Lebens. Christus ist der Erlöser von den Sünden und der Heilige Geist ist der Beistand und Tröster. Wir ordnen den göttlichen Personen gemäß dem biblischen Zeugnis bestimmte Eigenschaften und Aufgaben zu. In der christlichen Kunst wird die Trinität oft als Dreieck dargestellt, um die Dreiheit in der Einheit abzubilden. Können wir die Trinität wirklich verstehen? Der evangelische Theologe Philipp Melanchthon sagt: "Die Geheimnisse der Gottheit sind besser anzubeten als zu erforschen." Der Glaube an den Dreieinigen Gott hat gerade in der gegenwärtigen Situation auch praktische Konsequenzen: Wir treten ein für den Schutz des Lebens. Wir wissen, dass Menschen Fehler machen können. Wir bilden eine Gemeinschaft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 9.5.2020 - Der Klang der Schöpfung

„Ich wollte von Herzen gern diese schöne und köstliche Gabe Gottes, die freie Kunst der Musica, hoch loben und preisen. Weil diese Kunst von Anfang der Welt allen Kreaturen von Gott gegeben und von Anfang mit allen geschaffen ist, denn da ist mitnichten nichts in der Welt, das nicht ein Schall und Laut von sich gebe.“

Mit diesen Worten stellt Martin Luther der Musik ein besonderes Zeugnis aus. Alle Kreaturen sind mit einem Klang begabt. Die ganze Welt ist ein einzigartiger Klangraum. Die Schöpfung singt ein fröhliches Lied auf den Schöpfer. Auch wir sind eingeladen, in dieses Lob mit einzustimmen. Doch nicht immer ist uns zum fröhlichen Gesang zumute. Manchmal stimmen wir auch eher ein Klagelied an. Die Musik ist eine Grundkonstante unseres Lebens, die unsere Gefühle und Stimmungen auf unterschiedlichste Weise ausdrücken kann. Für Luther gehört der Gesang zum Gottesdienst.

Dort  soll "nichts anderes geschehen, als dass unser lieber Herr mit uns rede durch sein heiliges Wort und wir wiederum ihm antworten in Gebet und Lobgesang". Deshalb fällt es uns schwer, wenn wir in der gegenwärtigen Situation auf den Gesang der Gemeinde im Gottesdienst verzichtet müssen. Das Lob Gottes kann uns aus Verzagtheit und Resignation erheben, kann uns Mut und Zuversicht vermitteln.

Der Sonntag (10.05.2020) „Kantate“, d.h. „Singet“, fordert uns auf: „Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder!“ (Psalm 98, Vers 1) Das neue Lied will Traurige wieder fröhlich machen, müde Gewordene stärken, Ängstliche ermutigen. Das neue Lied ist das Lied der Hoffnung und Befreiung. Wenn wir schon nicht in Gemeinschaft singen können, dann vielleicht nur für uns selbst. Auch so können wir in den Klang der Schöpfung einstimmen und die Musik als Gottes Gabe erfahren.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 12.4.2020 - Der Sieg des Lebens

Dieses Osterfest ist ganz anders, als wir es gewohnt sind: die Beschränkung auf ganz wenige Kontakte, der Verzicht auf Besuche und Reisen, die Einschränkungen des alltäglichen Lebens. Und: keine gemeinsamen Ostergottesdienste in der Kirche. Es fällt uns schwer, auf das Gewohnte zu verzichten. Aber viel schwerer würde es sein, wenn wir uns von geliebten Menschen verabschieden müssten, weil wir die notwendigen  Verhaltensweisen nicht beachteten. Jeden Tag nehmen wir die Nachrichten über die Anzahl der Verstorbenen wahr, in unserem Land und überall auf der Welt. Der Tod durch das Corona-Virus ist allgegenwärtig.

 „Christus spricht: Ich war tot und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“ Wir haben als Menschen keine Schlüsselgewalt über den Tod. Wir stehen ohnmächtig daneben, wenn wir sehen, wie die Macht des Todes nach uns greift. Aber gerade darum ist die Botschaft von der Auferstehung Jesu so wichtig. „Es war ein wunderlich Krieg, da Tod und Leben ‘rungen, das Leben behielt den Sieg, es hat den Tod verschlungen.“ Mit diesem Osterlied bringt Martin Luther die Hoffnung auf die Überwindung des Todes zum Ausdruck. Christus hat den Tod und seine Macht überwunden. Er hält die Schlüssel für die Tür zum Leben in seinen Händen. Darauf vertrauen wir, wenn wir dem Tod so machtlos gegenüberstehen.

 Darum feiern wir Ostern, - auch ohne manche Bräuche und Gewohnheiten - als Sieg des Lebens über den Tod. Mit einem Gottesdienst im Fernsehen, im Rundfunk oder im Internet in der Gewißheit, dass wir gemeinsam in der österlichen Freude verbunden sind. Ich wünsche Ihnen, dass diese Botschaft Ihnen Kraft, Hoffnung und Durchhaltevermögen schenkt und grüße Sie mit dem Ostergruß aus dem Evangelium: „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!“

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Ausschnitte aus UK

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Mittendrin am 14.3.2020 - Kein Blick zurück?

Rückblicke können schön sein. Ein Jubilar blickt voller Dankbarkeit auf ein langes und erfülltes Leben zurück. Eine Firma feiert ein hundertjähriges Bestehen und verteilt an die eingeladenen Gäste ein Heft mit Fotos aus der Vergangenheit. Ein gelungenes Fest bleibt in guter Erinnerung. Wenn wir zurückblicken, gewinnen wir Bestätigung und Zuversicht für die Zukunft. Wir rufen uns in Erinnerung, was wir gut gemacht haben und ziehen daraus Rückschlüsse für das Verhalten in der Zukunft.

„Schaut nicht zurück!“ sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“ (Lukas 9,62) Sein Beispiel ist verständlich. Wie soll ein Landwirt eine gerade Ackerfurche ziehen, wenn er immer wieder zurückblickt auf das, was er gerade getan hat? Er braucht eine Perspektive, den Blick nach vorn, auf ein Ziel, an dem er sich orientiert. Das Reich Gottes ist keine Verklärung der Vergangenheit, sondern ein Auftrag zur Gestaltung für die Gegenwart und Zukunft.

Derzeit hat uns das Corona-Virus fest im Griff. Rückschlüsse aus der Vergangenheit mit ähnlichen Situationen sind offensichtlich schwierig. Prognosen für die Zukunft allerdings auch. Jeder Tag ist eine neue Herausforderung für alle Beteiligten. Was wir brauchen, sind gemeinsame Anstrengungen und vernünftige, angemessene, ggf. auch unpopuläre Entscheidungen, aber keine vorschnellen Schuldzuweisungen. Rücksichtnahme und Solidarität, Verständnis und entschlossenes Handeln sind gefragt. Der Blick richtet sich nach vorn, auf das Ziel, mit Mut und Zuversicht.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 15.2.2020 - Die Kraft des Wortes

„Worte sind die mächtigste Droge, welche die Menschheit benutzt.“ Dieser Ausspruch des Schriftstellers Rudyard Kipling scheint sich in Zeiten „sozialer Medien“ immer mehr zu bestätigen. Twitter-Nachrichten sind schnell geschrieben und verschickt und damit überall verbreitet. Auch wenn sie anschließend wieder gelöscht werden, bleiben sie doch meist im Internet erhalten. „Was schert mich mein Geschwätz von gestern!“ könnte man mit einem alten Sprichwort antworten. Doch diese Haltung kann im Zeitalter schriftlicher Nachrichten und einem Internet, das nicht vergisst, schnell zum Bumerang werden kann. Denn allzu leicht können wir im privaten und öffentlichen Leben mit früheren Äußerungen konfrontiert werden.

Wie gehen wir mit unseren Worten um? Lobende Worte bauen uns auf und stärken uns, sie haben oftmals sogar heilende Kraft. Verletzende Worte bleiben jedoch oft jahrelang im Gedächtnis. „Einmal entsandt, fliegt das Wort unwiderruflich dahin.“ schrieb der antike Dichter Horaz. Die Sorgfalt im Umgang mit Worten bleibt oft auf der Strecke liegen, wenn die Worte unbedacht und schnell gesprochen, geschrieben und verbreitet werden.

Im Brief des Jakobus heißt es: „Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.“ (Jakobus 1,19) Dieser Ratschlag könnte unseren öffentlichen und privaten Diskurs entspannen, wenn wir ihn befolgen. Der morgige Sonntag Sexagesimae steht ganz im Zeichen des Wortes und seiner Wirkungen. Der Sämann streut den Samen des Wortes Gottes aus, ohne Rücksicht darauf, wohin er fällt. Die Kraft des Wortes Gottes ist umso größer, wenn es auf guten Boden fällt und vielfache Frucht bringt. 

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 18.1.2020 - Glaube und Unglaube

Gibt es das: Glaube und Unglaube in einer Person? Manche Menschen gelten als Vorbilder des Glaubens. Sie haben besondere religiöse Leistungen vollbracht. In schwierigen existentiellen Situationen Standfestigkeit bewiesen. Orientierung vermittelt. Unerschütterlich an ihrem Glauben festgehalten. Martin Luther, Dietrich Bonhoeffer, in der katholischen Kirche die Menschen, die als Heilige verehrt werden, die Apostel.  Doch es wäre ein Missverständnis zu meinen, dass der Glaube eine statische Angelegenheit ist. Vielmehr berichtet uns das Neue Testament von Menschen, die in ihrem Glauben angefochten, zweifelnd, unsicher sind.

Ein Mann kommt mit seinem kranken Kind zu Jesus. Er bittet ihn inständig um Hilfe und sagt: „Wenn Du kannst, so erbarme dich und hilf uns!“ Jesus entgegnet: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“ Daraufhin schreit der Vater seine ganze Hilflosigkeit heraus: „Ich glaube – hilf meinem Unglauben!“ Schließlich wird das Kind geheilt.

Glaube und Unglaube in einer Person. Das beschreibt auch unsere Situation. Wir beten in der Hoffnung, erhört zu werden. Wir vertrauen auf Gott, obwohl wir ihn nicht sehen. Wir hoffen auf die Auferstehung von den Toten, auch wenn wir sie nicht beweisen können. Manche Menschen sagen, sie seien religiös „unmusikalisch“. Vielleicht, weil sie meinen, keine Erfahrungen des Glaubens gemacht haben. Dabei ist die Sehnsucht nach dem Glauben bereits der Anfang des Glaubens. So sagt es der Kirchenvater Augustinus.

„Ich glaube – hilf meinem Unglauben!“  (Markus 9,24) Dieser Ruf nach Hilfe ist die biblische Losung für dieses Jahr. Es hat bereits mit Sorgen und Ängsten begonnen. Wir können den Zuspruch durch den Glauben gut gebrauchen, trotz aller Zweifel. Denn Gott meint es gut mit uns.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 21.12.2019 - Vorfreude auf Weihnachten

Vorfreude ist die schönste Freude. So sagt ein Sprichwort. Gilt das auch für Weihnachten? Mag sein, dass der eine oder die andere schon sehr gestresst ist von den vielen Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest. Weihnachtsfeiern besuchen, Geschenke besorgen, Weihnachtskarten schreiben, den Tannenbaum aufstellen, das Weihnachtsessen vorbereiten und, nicht zuletzt, verschiedene Jahresabschlussarbeiten erledigen… Die „to do –Liste“ ist lang und manchmal kommt sogar richtige vorweihnachtliche Hektik auf, bis alles erledigt ist.

Aber dann … Ja, dann kommt das Weihnachtsfest mit all seinen Erwartungen, Hoffnungen und Wünschen. „Frohe Weihnachten“ wünschen wir uns, oft ausgesprochen und geschrieben. Aber können wir uns wirklich noch richtig freuen, so wie damals, als wir als Kinder das Fest sehnsüchtig erwarteten und alle Heimlichkeiten im Vorfeld als Hinweis auf ein besonderes Fest mit der Erfüllung unseres Wunschzettels deuteten? Als wir gespannt und voller Freude vor der Tür des Weihnachtszimmers standen und ganz vom Lichterglanz des Weihnachtsbaums erfüllt wurden?

„Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich euch: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“ (Phil. 4,V.4) Diese Aufforderung zur Freude stammt nicht von einem Kind, sondern von einem Erwachsenen. Der Apostel Paulus richtet sie an die Gemeinde in Philippi, an der er seine wahre Freude hat. Als Bibelwort für den vierten Advent hören wir sie auch in der Vorfreude auf das Fest der Geburt Christi,  in dem Gott uns ganz nahe kommt. Die Freude über die Geburt dieses Kindes überstrahlt alles, denn Gott wird Mensch, „dir Mensch zugute“, wie es in einem Weihnachtslied heißt. In diesem Sinn wünsche ich uns allen: „Frohe und gesegnete Weihnachten!“

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 23.11.2019 - Im Zimmer nebenan

Am letzten Sonntag im Kirchenjahr gedenken die evangelischen Christen der Verstorbenen des vergangenen Kirchenjahres. Sie lesen ihre Namen vor, sie zünden Kerzen für sie an, sie beten mit und für die Angehörigen. Sie gehen zu den Gräbern. Der Verlust, die Lücke, die die Verstorbenen hinterlassen, wird schmerzlich bewusst. Erinnerungen an die gemeinsame Zeit werden wieder lebendig. Zugleich suchen und finden sie Trost in der Hoffnung, dass die Verstorbenen in Gottes Hand gut aufgehoben sind. Der französische Schriftsteller Charles Peguy stellt es sich so vor:

„Ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen. Ich bin ich, ihr seid ihr. Das, was ich für euch war, bin ich immer noch. Gebt mir den Namen, den ihr mir immer gegeben habt. Sprecht mit mir, wie ihr es immer getan habt. Gebraucht nicht eine andere Redeweise, seid nicht feierlich oder traurig. Lacht weiterhin über das, worüber wir gemeinsam gelacht haben. Betet, lacht, denkt an mich, betet für mich. Damit mein Name im Hause gesprochen wird, so wie es immer war, ohne irgendeine Betonung, ohne die Spur eines Schattens. Das Leben bedeutet das, was es immer war. Der Faden ist nicht durchschnitten. Warum soll ich nicht mehr in euren Gedanken sein, nur weil ich nicht mehr in eurem Blickfeld bin? Ich bin nicht weit weg, nur auf der anderen Seite des Weges.“

Im Psalm 16 heißt es: „ Du tust mir kund den Weg zum Leben.“ In unserer Hoffnung auf die Auferstehung zum ewigen Leben bleiben die Verstorbenen auch in unserem Leben in den Gedanken, Gesprächen und Erinnerungen gegenwärtig. Bei Gott haben sie einen Ort, an dem sie geborgen sind.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 26.10.2019 - Heilende Beziehungen

Vor kurzem habe ich eine Gedenkstätte im Elsass besucht, in der an die Kämpfe zwischen Deutschen und Franzosen zu Beginn des ersten Weltkriegs erinnert wird. 17.000 vor allem junge Soldaten sind dort in wenigen Wochen in einem erbarmungslosen Stellungskrieg ums Leben gekommen. Die Schützengräben lagen oft nur wenige Meter voneinander entfernt. Während meines Besuchs ging auch eine Gruppe von Amerikanern und Franzosen durch die damals gut befestigten Gräben. Man konnte sich vorstellen, wozu Hass und Rachegefühle, Kriegsbegeisterung und Vaterlandsliebe die Angehörigen der jeweiligen Nationen in ihrem rücksichtslosen Kampf geführt haben, in dem es am Ende nur trauernde Verlierer gab. Was hätten wohl die jungen Soldaten damals gedacht, wenn sie gewusst hätten, dass 100 Jahre später die ehemaligen Kriegsgegner friedlich durch die Schützengräben spazieren?

Die Freundschaft von Deutschen und Franzosen ist heute einer der Eckpfeiler der Europäischen Union. Sie zeigt, dass zerstörte Beziehungen und Verletzungen heilen können. Die Kriegsgräber sind ein Mahnmal an uns: zu versöhnen, anstatt zu spalten, aufeinander zuzugehen, anstatt sich voneinander zu entfernen, aufeinander zu hören, anstatt den Anderen zu verunglimpfen. Unsere Sprache ist oftmals verräterisch, mit nur kleinen Veränderungen können Gräben geschaffen und Mauern errichtet werden.

„Heile du mich Herr, so werde ich heil. Hilf du mir, so ist mir geholfen.“ Die Bitte des Propheten Jeremia (Kap. 17, V. 14) sollten auch wir uns zu eigen machen. Der umfassende Friede Gottes (schalom) ist Grund und Ansporn für unsere fortwährenden Bemühungen, die gestörten Beziehungen zwischen den Menschen wieder zu versöhnen: im privaten Bereich ebenso wie im öffentlichen Diskurs. Das sind wir nicht zuletzt den Opfern der Kriege schuldig.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin vom 28.9.2019 - Wer ist der Größte?

Wer ist der Größte? Wie oft wird diese Frage gestellt! Wer ist der größte Staatsmann, wer ist die beste Schauspielerin, wer ist der berühmteste Popmusiker, wer ist der reichste Mensch auf dieser Erde? Wer ist der Größte im Verein, in der Schulklasse oder in der Firma? Das Bedürfnis nach Anerkennung und Geltung und die Bewertung der eigenen Fähigkeiten im Verhältnis zu anderen scheinen allgegenwärtig zu sein.

„Wer ist der Größte im Himmelreich?“ Die Jünger stellen diese Frage an Jesus und er beantwortet sie zur Verblüffung aller Anwesenden, indem er ein Kind in den Mittelpunkt stellt. „Wer sich selbst erniedrigt und wird wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich.“ (Matthäus 18,4) Ein Kind galt damals als schwach und unmündig, was konnte es schon ausrichten in der Welt der Erwachsenen? Doch gerade die Kinder stehen für Jesus im Zentrum des Glaubens. „Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“

Was haben die Kinder den Erwachsenen voraus? Ihr bedingungsloses Vertrauen, ihre unbändige Freude, ihre ungeheuchelte Begeisterung, ihre blühende Phantasie, ihre Offenheit und Ehrlichkeit. Die geöffneten Hände, die strahlenden Augen und die kindliche Freude über ein Geschenk, das sie sogleich in Gebrauch nehmen. Damit sind sie ein Vorbild für die Erwachsenen, das Geschenk des Glaubens  und der Taufe auch in die Tat umzusetzen. Dabei kommt es nicht darauf an, wer besser, schneller, intelligenter oder einflussreicher ist. Der Größte im Himmelreich wird nicht durch einen Intelligenzquotienten ermittelt oder durch eine Abstimmung in den sozialen Medien. Die kindliche Freude wiegt schwerer als eine erfolgreiche Selbstpräsentation, ihr bedingungsloses Vertrauen ist bedeutender als der gesellschaftliche Status. Im Himmelreich gelten andere Maßstäbe, warum nicht auch in unserer Gegenwart?

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin vom 31.8.2019 - Hochmut kommt vor dem Fall

„Ich bin schuldig“ bekennt der ehemalige Bertelsmann – Manager Thomas Middelhoff in seinem neuesten Buch. „Schuldig an meinem Scheitern.“ Er habe alles verloren, sein Vermögen, seine Gesundheit, seinen Ruf. Schuld an seinem Scheitern sei seine Gier nach Geld, Anerkennung und gesellschaftlicher Bedeutung gewesen. Dabei habe er die Wertmaßstäbe verloren und „Todsünden“ wie Maßlosigkeit und Hochmut begangen. Mit seiner Selbstkritik verbindet er die Ausrichtung auf ein neues Leben nach anderen Maßstäben. Heute fühle er sich befreit und glücklicher. Halt und Orientierung gebe ihm der christliche Glaube.

„Hochmut kommt vor dem Fall.“ So lautet eines der bekanntesten Sprichwörter. Es stammt aus dem Buch der Sprüche, Kap. 16, Vers 18. Hochmut verbinden wir mit Anmaßung, Selbstüberschätzung, Überheblichkeit und Arroganz. Es fällt uns meist nicht schwer, Beispiele anderer Menschen dafür zu finden. Die Lebensweisheit aus der Bibel entfaltet jedoch gerade dann ihre positive Wirkung, wenn sie nicht auf andere, sondern auf sich selbst bezogen wird. Die Alternative zum Hochmut ist die Demut. Nicht als prinzipielle Unterwürfigkeit, sondern als Erkenntnis der eigenen Begrenztheit und Bescheidenheit. Demut bedeutet, sich selbst zu akzeptieren, andere wertzuschätzen, mit der Umwelt sorgsam umzugehen und die Fehler der Anderen auch vergeben zu können. Das erfordert oftmals mehr Mut, als sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Die Veränderung der Perspektive  ist wichtig, die Sicht auf mich selbst und auf andere Menschen. Mit dieser Haltung kann man glücklich und zufrieden werden. 

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 03.08.2019 - Wie im Himmel, so auf Erden

Das Liborifest geht auf die Zielgerade. Sein Motto „Im Himmel und auf Erden“ erinnert an das Vaterunser. Das Gebet, das Jesus seinen Jüngern hinterlassen hat, umspannt die ganze Welt, verbindet Himmel und Erde.

Manchmal erfahren wir genau das Gegenteil. Die menschliche und die göttliche Welt scheinen strikt voneinander getrennt zu sein. Ein lieber Mensch hat diese Welt verlassen und wir spüren den Schmerz des Verlustes in unsrer Gegenwart. Der Friede ist  bedroht von Krieg und Gewalt. Wir sind erschüttert darüber, was Menschen einander antun. Der Himmel erscheint uns fern, wenn die irdischen Erfahrungen zu bedrängend sind.

Aber muss das so sein? Oder gibt es Brücken von der Erde zum Himmel und vom Himmel zur Erde? Die wichtigste Brücke hat Gott selbst gebaut in seinem Sohn Jesus Christus, den er auf die Erde sandte. Er hat in uns die Sehnsucht nach dem Himmel geweckt. Zugleich aber hat er uns auch geerdet und die Aufgaben beschrieben, die uns gestellt sind. In ihm sind sich Himmel und Erde ganz nahe gekommen. Ist es da nicht naheliegend, dass wir auch solche Momente erleben, wo Himmel und Erde sich berühren? Viele verspüren ein geradezu himmlisches Vergnügen, wenn sie miteinander das Liborifest feiern. Himmel und Erde kommen sich nah, wo Menschen sich wirklich begegnen. In einem modernen Lied heißt es: „Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen, und neu beginnen, ganz neu. Da berühren sich Himmel und Erde, dass Friede werde unter uns.“ Wo wir im Geist Jesu Christi im Miteinander neue Wege gehen, neue Anfänge wagen, da können wir schon heute den Himmel auf Erden erfahren.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 6.7.2019 - Unsere Quelle bist Du!

 

Eine Stadt erfüllt von Musik. Keine elektronisch verstärkte Musik aus Lautsprechern, sondern Gesang von Kinder und Jugendlichen aus ganz Deutschland. Fast 2800 Sängerinnen und Sänger versammeln sich zum katholischen Chorfestival „Pueri Cantores“ und erfreuen die Zuhörenden mit neuer und alter Chormusik auf Straßen und Plätzen und in den Kirchen. Als evangelische Gemeinde haben wir gern unsere Abdinghofkirche für die Konzerte geöffnet. Denn das Singen ist christliche Verkündigung. „Wer singt, betet doppelt“ sagt der Kirchenvater Augustinus.

Martin Luther hat das Singen hoch geschätzt. Für ihn ist die ganze Schöpfung erfüllt vom Klang der Musik: „Ich wollte von Herzen gern diese schöne und köstliche Gabe Gottes, die freie Kunst der Musica, hoch loben und preisen. Weil diese Kunst von Anfang der Welt allen Kreaturen von Gott gegeben und von Anfang mit allen geschaffen ist, denn da ist mitnichten nichts in der Welt, das nicht ein Schall und Laut von sich gebe.“ Sie verschafft dem Menschen „Ruhe und ein fröhliches Gemüt“. Sie kann Traurigkeit und innere Unruhe überwinden. „Sie ist eine Lehrmeisterin, die die Leute gelinder, sanftmütiger, vernünftiger macht.“

Beim Singen ist der ganze Mensch beteiligt, mit Leib und Seele. Das Singen kommt aus dem Herzen. Es hat eine Quelle, aus der es sich speist. „Unsere Quelle bist Du!“ sagt der Beter des 36. Psalms: „Bei dir ist die Quelle des Lebens“. Gott ist die Quelle der Kraft, des Trostes, der Liebe, der Freude und des Lichts. Lassen wir uns anstecken vom fröhlichen Gesang und der Lebensfreude, die im Glauben an Gott begründet ist!

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 08.06.2019 - Ein würdiger Nachfolger

 

Als Jesus sich von seinen Jüngern verabschiedet, lässt er sie nicht einfach im Stich. Kein „nach mir die Sintflut“ oder „seht zu, wie ihr zurechtkommt“. Jesus bestellt sein Haus und bereitet seine Jünger auf die Zeit nach seinem Abschied vor. Er verspricht ihnen einen „Parakleten“, einen Beistand, einen Tröster. Er beschreibt die Aufgaben seines „Nachfolgers“: Er wird die Jünger an seine Worte erinnern, er wird sie in die Wahrheit führen, er wird sie als Gemeinschaft zusammenhalten. Der Heilige Geist ist ein würdiger Nachfolger Jesu. Er ist keineswegs flüchtig oder unscheinbar, sondern er entfaltet seine kräftige Wirkung unter den Jüngern.

Das Pfingstereignis berichtet von mutigen Jüngern, die auf die Straße gehen, um die Botschaft Jesu zu verkündigen. Verständnisschwierigkeiten werden überwunden. Freude und Zuversicht erfüllt sie. Die Jünger sind geradezu begeistert von ihrer neuen Erfahrung. Bevor sie jedoch in die Gefahr geraten, aus der Wirklichkeit abzuheben, hat Jesus ihnen ein untrügliches Kennzeichen der Geisterfahrung vermittelt. Es ist die Liebe untereinander und die Treue gegenüber den göttlichen Geboten. Erst die Liebe lässt die Erfahrung des Geistes konkret werden. Pfingsten ist zwar ein wenig anschauliches Fest, aber dennoch ein Fest der Gemeinschaft und der Begegnung mit Gott. Der Heilige Geist vermittelt die Begegnung mit dem Heiligen. Dem Kirchenvater Augustinus wird dieses Gebet zugeschrieben:

Atme in mir, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges denke. Treibe mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges tue. Locke mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges liebe. Stärke mich, du Heiliger Geist, dass ich Heiliges hüte. Hüte mich, du Heiliger Geist, dass ich das Heilige nimmer verliere.“

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 12.5.19 - „Auf dich vertraun!“

Am Sonntag feiern wir Konfirmation. Wie in vielen anderen evangelischen Gemeinden werden in diesen Wochen die Jugendlichen eingesegnet nach ihrer Zeit im kirchlichen Unterricht. Ein festliches Ereignis für die Jugendlichen, aber auch für die Eltern und Paten. Denn nun sprechen die jungen Menschen ihr eigenes Ja zur Taufe. Konfirmation bedeutet, ähnlich wie die Firmung, die Stärkung und Festigung des Glaubens. Das geschieht durch die persönliche Segnung mit Handauflegung ebenso wie durch den festlichen Gottesdienst. Darüber hinaus empfinden viele die Konfirmation als Übergang vom Kind zum jungen Erwachsenen, sichtbar oftmals auch an der Kleidung an diesem Tag.

Wie kann die Konfirmation eine Stärkung des Glaubens sein? Im christlichen Glauben geht es im Kern um das Vertrauen zu Gott, den Schöpfer des Lebens, um Orientierung an Jesus Christus, den Erlöser und um die Stärkung durch den Heiligen Geist, den Tröster und Beistand. Jugendliche suchen nach Orientierung, nach glaubwürdigen Vorbildern, nach Maßstäben, die für ihr Leben Bestand haben. Im Unterricht können sie Jesus Christus als vertrauenswürdiges Vorbild für ihr Leben kennenlernen.

Vertrauen ist die entscheidende Haltung im Leben. Ohne Vertrauen gegenüber anderen Menschen, die mir wichtig sind, ist es schwer, das Leben zu meistern. Darum ist es gut, Vertrauen einzuüben in ganz alltäglichen Situationen, aber auch in schwierigen Lebenslagen. Der Deutsche Evangelische Kirchentag steht in diesem Jahr unter dem Thema: „Was für ein Vertrauen!“ (2. Könige 18,19). In einem neuen Lied heißt es: „Ich kann auf dich vertraun! Du nimmst mich so hin, wie ich wirklich bin. Zweifel ich an mir, find ich Kraft in dir. In der schwersten Zeit, in der Dunkelheit leuchtet mir dein Licht, schenkst mir klare Sicht.“ Es wäre schön, wenn Jugendliche für ein solches Vertrauen glaubwürdige Vorbilder finden.

 

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 13.4.2019 - INRI – König der Herzen

INRI. Auf manchen Kreuzdarstellungen sind sie zu lesen, diese vier Buchstaben auf einer Tafel, die oben am Kreuz angebracht ist. Sie sind eine Abkürzung für die lateinischen Worte: „Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum“ „Jesus von Nazareth, der König der Juden“ (Markus 15, V. 26) Mit diesem Wort ist die Anklageschrift formuliert, mit der Jesus zum Tod verurteilt wurde. Das Todesurteil stammt vom römischen Statthalter Pontius Pilatus, denn nur er konnte als Vertreter der römischen Besatzungsmacht ein Todesurteil vollstrecken. Die Anklage, ein „König der Juden“ zu sein, war eine politische Angelegenheit. Sie war der Vorwurf eines Aufruhrs und Angriffs auf den Kaiser.

War Jesus ein König? Die Menge begrüßt ihn bei seinem Einzug in Jerusalem wie einen König, von dem sie sich Befreiung im umfassenden Sinn erhofft: „Hosianna dem Sohn Davids. Gelobt sei, der da kommt, im Namen des Herren“. (Matthäus 20, V. 9) Am morgigen Palmsonntag wird an diesen Einzug Jesu auf einem Esel erinnert, bei dem ihm Palmzweige und Mäntel wie ein roter Teppich ausgelegt werden. Doch Jesus hat sich vor Pilatus von solchen politischen Erwartungen distanziert: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ (Joh 18, 36). Sein Königtum zeichnet sich durch Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe aus. Sein Weg zum Kreuz ist eine Konsequenz seines Eintretens für die Menschlichkeit und das Reich Gottes. Er ist, wie die Kinder es sagen, „ein König der Herzen“. Insofern ist die Inschrift über dem Kreuz zutreffend. Jesus ist ein König – ein Vorbild für uns alle.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 16.3.2019 - Weißt du noch ?

„Weißt du noch?“ So fangen viele Gespräche an, in denen wir uns an vergangene Zeiten und Ereignisse erinnern. Oftmals erscheint die Vergangenheit dann in einem verklärten Licht. „Die guten alten Zeiten …“ Es gehört wohl zur Hygiene unserer Seele, dass wir die guten Erinnerungen in uns aufbewahren und die weniger guten Erinnerungen eher vergessen können. Manches, was uns positiv im Gedächtnis bleibt, ist ein richtiger Schatz. So ist wohl auch der Satz des Dichters Jean Paul zu verstehen, der in mancher Traueranzeige zu lesen ist: „Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.“

Nicht nur wir selbst können uns erinnern, oftmals wollen wir auch jemand anderen an das Gute aus der Vergangenheit erinnern, etwa mit den Worten: „Vergiß nicht!“ Oder: „Denk doch daran!“ Eine solche Erinnerung ist das Leitwort für den morgigen Sonntag: „Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte!“ (Psalm 25, Vers 6). Das lateinische Wort „reminiszere“ („gedenke“) hat diesem Sonntag seinen Namen gegeben. Es mag uns seltsam vorkommen, dass wir Gott an etwas erinnern müssen. Aber nichts anderes tun wir, wenn wir im Gottesdienst das Fürbittengebet sprechen. Wir bitten Gott, uns und anderen zu helfen. Wir tun dies, indem wir ihn an seine Gnade und Güte erinnern, indem wir uns auf seine Barmherzigkeit berufen. „Weißt du noch, Gott, wie du mir damals geholfen hast? Ich vertraue darauf, dass du auch jetzt da bist und mir beistehst.“ Mit der Erinnerung an Gottes Vergangenheit mit seinem Volk verbindet sich unsere Hoffnung auf Gottes Liebe und Güte in der Gegenwart. 

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 16.2.2019 - Wie ist es so im Himmel?

Es war ein bewegender Abschied von Kirchenmusikdirektor Martin Hoffmann. Gemeinsam mit der Familie trauerten Verwandte, Freunde, Weggefährten und die ganze Gemeinde in einer voll besetzten Abdinghofkirche um den so plötzlich verstorbenen Kirchenmusiker.

Neben der Trauer durchzog aber auch ein Grundton der Hoffnung diesen Gottesdienst, der sich in der Musik und in den vielstimmig gesungenen Chorälen, in Lesungen, Gebeten und Predigt artikulierte. Als Kinder der Lutherschule ihre Briefe an den verstorbenen Kantor vortrugen, mit dem sie regelmäßig gesungen hatten, leuchtete in der Dunkelheit der Trauer ein heller Lichtstrahl der Zuversicht des Glaubens auf.

„Wie ist es so im Himmel?“ fragte ein Kind. Die Antwort folgte kurz darauf mit dem Schlusschoral der Johannespassion von Johann Sebastian Bach: „Alsdann vom Tod erwecke mich, dass meine Augen sehen dich in aller Freud', o Gottes Sohn, mein Heiland und mein Gnadenthron!“

In der Hoffnung der Auferstehung nehmen wir Abschied von unseren Verstorbenen. In der Auferstehung Jesu Christi ist unser Trost und unsere Zuversicht begründet.

Martin Luther King sagt: „Komme, was kommen mag. Gott ist mächtig. Wenn unsere Tage verdunkelt sind und unsere Nächte finsterer als tausend Mitternächte, so wollen wir stets daran denken, dass es in der Welt eine große, segnende Kraft gibt, die Gott heißt. Gott kann Wege aus der Ausweglosigkeit weisen. Er will das dunkle Gestern in ein helles Morgen verwandeln – zuletzt in den leuchtenden Morgen der Ewigkeit.“

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 19.1.2019 - Wasser in Wein verwandeln

Das Evangelium des morgigen Sonntags erzählt von einem besonderen Wunder Jesu. Auf der Hochzeit zu Kana geht den Gastgebern im Lauf des Abends der Wein aus. Was tun? Maria wendet sich hilfesuchend an Jesus. Dieser lässt Krüge mit Wasser füllen und als der Speisemeister sie überprüft, ist aus dem Wasser bester Wein geworden. Ein Wunder, das im Johannesevangelium als das erste Zeichen Jesu beschrieben wird, mit dem er seine Herrlichkeit offenbart. Dieses Wunder fällt aus dem Rahmen. Es ist zwar keine existentielle Notsituation, aus der Jesus hilft. Keine Krankheit, die geheilt wird. Aber ein Zeichen für seine Güte und Gnade.

Von dem Kirchenvater Hieronymus wird eine Anekdote überliefert: Ein Spötter rechnet aus, dass Jesus rund 600 l Wein erzeugt hat. Er fragt den Kirchenvater, ob die Hochzeitsgesellschaft diese ungeheure Menge ausgetrunken habe. Daraufhin antwortet Hieronymus: „Nein, wir trinken alle noch davon.“

Der Wein ist ein Symbol für die Freude. Die Geschichte zeigt, worum es geht: Auch in unserem Leben gibt es Situationen, in denen sich „Wasser in Wein verwandeln“ kann: Neue Lebensfreude zu finden nach langer Trauer. Neuen Mut zu gewinnen nach einer Niederlage. Wieder aufzustehen, wenn man gefallen ist. Nicht zu verzagen, auch wenn die Aufgaben übermächtig scheinen.

Wir stehen im neuen Jahr vor großen Herausforderungen. Tagtäglich erreichen uns neue, manchmal erschütternde Nachrichten. Wie sollen wir ihnen begegnen? Die Erzählung von dem Wunder zu Kana endet mit der Feststellung: „Und seine Jünger glaubten an ihn.“ (Johannes 2, V. 11) Auch wir wünschen uns den Glauben und die Zuversicht, dass Gott uns die nötige Kraft, den Mut und die Ausdauer schenkt, die wir brauchen.  

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 29.12.2018 - Zwischen den Jahren

Man nannte sie einst die „Rauhnächte“ oder „zwölf heilige Nächte“, die Zeit zwischen Weihnachten und Epiphanias. Im Mittelalter waren sie eine kalendarische Übergangszeit vom Jahresende am 24. Dezember und dem Jahresbeginn am 6. Januar. 1691 wurde das Jahresende auf den 31. Dezember festgelegt und erhielt seinen Namen durch den Gedenktag an Papst Silvester I. In der Gegenwart versteht man darunter meist den Zeitraum zwischen Weihnachten und Neujahr. Für viele ist die Zeit „zwischen den Jahren“ eine Verlängerung des Weihnachtsurlaubs. In den Geschäften herrscht reger Umtauschbetrieb. Man kann einkaufen, Verwandte besuchen oder die freie Zeit zur Ruhe und Erholung genießen.

Zwischen den Jahren feiern wir den Sonntag nach Weihnachten. Das Evangelium des Sonntags schildert eine anrührende Szene: Ein alter Mensch, Simeon, wartet „auf den Trost Israels.“ Er betet im Tempel. Dort begegnen ihm Maria und Josef mit dem Jesuskind. Der greise Simeon hält den Säugling in seinen Armen und stimmt ein Loblied an: „Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen.“ (Lukas 2, 29) Er spricht ein Bekenntnis zu Christus als dem Heil und der Erleuchtung der Völker, für ihn ist es die Erfüllung einer alten Verheißung. Am Ende segnet Simeon die Familie. Das Lied des Simeon ist später in das Nachtgebet der Kirche eingegangen. Es gehört zu den täglichen Stundengebeten im Kloster. Das Lied geleitet die Betenden zur Ruhe.

Zwischen den Jahren ist für uns die Zeit, auf Weihnachten und das vergangene Jahr dankbar zurückblicken und sich auf das neue Jahr vorzubereiten. Sicher haben sich nicht alle unsere  Wünsche und Erwartungen erfüllt. Aber vielleicht haben wir die Gelegenheit, bisher Versäumtes nachzuholen, vielleicht Briefe zu schreiben, jemanden zu besuchen oder mit ihm zu telefonieren. Eine Zeit, das Jahr in Ruhe und mit dem Segen Gottes zu beschließen.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

 

Mittendrin am 1.12.2018 - Advent – andere Zeit

Die Straßen sind voller Menschen. Alle sind hektisch damit beschäftigt, die günstigen Angebote nicht zu verpassen. Selbst die Zufahrtsstraßen sind schon blockiert. Black Friday, Cyber Monday, eine ganze Woche prasseln die vermeintlichen Angebote auf uns nieder. Man könnte den Eindruck gewinnen: jetzt oder nie muss ich dieses Schnäppchen machen!

Jetzt ist Advent. Zeit des Wartens und der Erwartung. Zeit der Besinnung und der Stille. Zeit des Innehaltens. Wirklich? Oder setzt sich die hektische Betriebsamkeit fort in Weihnachtsfeiern, Weihnachtseinkäufen, Weihnachtsstress? Und am Ende der Adventszeit sinken alle erschöpft in sich zusammen und seufzen: Gut, dass wir das wieder einmal geschafft haben! -

Die Straßen sind voller Menschen. Sie sind in gespannter Erwartung. Bald wird er kommen, der, von dem schon so viele gesprochen haben. Kranke hat er geheilt. Ausgestoßene in die Gemeinschaft geholt, Verzweifelten neue Hoffnung gegeben. Ist er der, auf den wir schon so lange gewartet haben? Von dem der Prophet sagt: „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer“ (Sacharja 9, Vers 9). Sie sammeln Palmzweige von den Bäumen. Sie breiten ihre Mäntel wie einen roten Teppich aus. Sie rufen laut: „Hosianna, gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ Und dann kommt er, aber wie! Nicht mit lautem Getöse, nicht einer Entourage von Bediensteten, nicht mit einem Heer von Soldaten. Sondern ganz einfach. Er reitet auf einem Esel.

Manche Erwartungen werden nicht erfüllt. Die Römer werden nicht aus dem Land vertrieben, Frieden und Gerechtigkeit für alle lassen noch auf sich warten. Aber den Menschen wird eine Hoffnung eingepflanzt. Mit ihr ändert sich etwas, mit ihr könnten wir anders leben, mit ihr bricht eine neue Zeit an. So ist es bis heute geblieben – wenn wir es wollen. Wenn wir die Zeit des Advents als eine andere, eine besondere Zeit für uns begreifen. Wenn wir uns mit hinein nehmen lassen in die gespannte Erwartung auf Gottes Kommen in unserer Welt.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 3.11.2018 - Christ im Staat

Christ im Staat

Wahlen werden gemeinhin als das „Hochamt der Demokratie“ bezeichnet. Dahinter steht die Überzeugung, dass demokratisch durchgeführte Wahlen Macht und Mehrheiten auf friedliche Weise verschieben können. Wie sehr sich politische Verhältnisse ändern können, wie sich die Parteienlandschaft im Umbruch befindet, das erleben wir gegenwärtig. Es hängt nicht nur mit den handelnden Personen, sondern auch mit den großen globalen Herausforderungen zusammen, auf die es keine einfachen Antworten und Rezepte gibt, bei denen um die richtige Antwort gestritten wird.

Wie soll sich der Christ gegenüber der staatlichen Macht verhalten? Auf die Frage, ob man dem Kaiser Steuern zahlen solle, antwortet Jesus: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist.“ (Matthäus 22, V. 21) Mit dem Bild des Kaisers auf einer geläufigen Münze zeigt Jesus, wie die staatliche Obrigkeit den Alltag der Menschen bestimmt. Sie hat ihre Aufgabe und ihre Begrenzung, auch im römischen Kaiserstaat.

In der Demokratie haben wir große Freiheiten und Möglichkeiten, auch als Kirche: Kirche als Ort, an dem Religion in Freiheit gelebt werden kann, Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts, Kirche als Träger von Einrichtungen der Diakonie und Bildung, Kirche als anerkannte Institution im gesellschaftlichen Leben. Die Chancen, das religiöse, politische und soziale Leben der Gesellschaft mit zu gestalten sind groß. Das ist ein Privileg der Demokratie gegenüber anderen Herrschaftsformen. Sie ist darauf angewiesen, dass Menschen sich im gegenseitigen Respekt in ihr engagieren, ihre Werte vertreten, um den richtigen Weg miteinander streiten, sich für das Recht des Anderen einsetzen, sich um das Gemeinwohl bemühen. So können Christen heute ihre Aufgaben im Staat erfüllen.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 6.10.2018 - Alle gute Gabe

Erntedankfest. Der Altarraum ist mit Erntegaben festlich geschmückt. Die Kinder bringen in ihren Körbchen die mitgebrachten Früchte auf die Stufen. Die Gemeinde singt mit Matthias Claudius: „Wir pflügen und wir streuen“. So oder ähnlich wird in vielen Gemeinden das Erntedankfest mit einem Familiengottesdienst gefeiert. Die Kinder staunen über die Vielfalt von Gemüse, Früchten und Blumen. Auch das zentrale Symbol des Erntedankfestes, das Brot, darf nicht fehlen. Am Erntedankfest werden wir an den Zusammenhang von Saat und Ernte, an den Wechsel der Jahreszeiten, an unsere Verbindung mit der Natur erinnert. Und das ist auch notwendig. Denn allzu leicht vergessen wir, dass die überreichen Theken im Supermarkt, an denen man das ganze Jahr über alles kaufen kann, auch in diesem Zusammenhang von säen, wachsen, reifen und ernten stehen. In diesem Jahr mussten aufgrund der Trockenheit Einbußen in der Ernte verkraftet werden. Manche Lieder im Gesangbuch erinnern uns daran, dass Kälte und Hitze, Hagel und Unwetter in vergangenen Zeiten ganze Ernten vernichten konnten.

Das Erntedankfest lädt uns nicht nur ein, für die Früchte des Feldes dankbar zu sein und sie nicht als selbstverständlich anzusehen. Der Dank richtet sich an Gott, den Schöpfer und Erhalter des Lebens. „Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn.“ So heißt es im Lied. Das Fest mahnt uns auch zu einem verantwortlichen Umgang mit den Lebensmitteln. Warum wird ein großer Teil unserer sorgsam erzeugten Nahrung nicht verzehrt, sondern vernichtet? Es ist gut, dass über Organisationen wie die Tafel brauchbare Nahrungsmittel bedürftigen Menschen zugutekommen. Es liegt auch an uns, dem Verbraucher, mit den uns anvertrauten Lebensmitteln verantwortlich umzugehen und mit denen zu teilen, die es nötig haben.

Mittendrin am 8.9.2018 - Sorgen ablegen

„Probier's mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit jagst du den Alltag und die Sorgen weg.“ Mit diesem einfachen Rezept tanzt Balu, der Bär, im Dschungelbuch sich und anderen die Sorgen von der Seele. Es klingt nach einer einfachen Methode: Ruhig bleiben, den Tag genießen, nicht zu gierig sein, sich das zum Leben Notwendige nehmen und sich daran genügen.

Denn Sorgen können Menschen erdrücken. Sie haben die Tendenz, nicht verschwinden zu wollen, auch wenn man sich einreden möchte, sie seien nicht nötig. Manche Sorgen sind real und begründet: der Verlust eines Arbeitsplatzes. Das Scheitern einer Beziehung. Kinder, die auf die schiefe Bahn geraten. Krankheiten, die nicht zu heilen sind. Trauer, die Menschen überwältigt. Solche Sorgen behalten ihr Gewicht.

Andere Sorgen sind Befürchtungen von Ereignissen, die gar nicht eintreffen müssen. Sie bestimmen aber dennoch das Denken und Fühlen.

Das Leitwort für den morgigen Sonntag heißt: „Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“ (1. Petr. 5,7) Wenn das doch so einfach wäre, dass man Sorgen nur abwerfen muss und dann sind sie verschwunden! Aber so ist es nicht. Sorgen lassen sich nicht mit einem Schlag entfernen. Was helfen könnte, ist, das Mitteilen und Ablegen von Sorgen einzuüben, damit sie nicht zu viel Macht über uns gewinnen. Jeden Tag ein bisschen mehr. Menschen suchen, die zuhören können. Sich über jeden Fortschritt freuen. Den Blick von sich weg auch auf andere richten. Die kleinen Dinge des Lebens genießen. Sich fragen, was wirklich wichtig ist.

„Bete und arbeite“ ist die Grundregel der benediktinischen Mönche. Das könnte auch im Umgang mit Sorgen helfen. Gott im Gebet die Sorgen anvertrauen und dann getrost und zuversichtlich die Aufgaben des täglichen Lebens angehen.

Mittendrin am 11.8.2018 - Liebe erfahren im gemeinsamen Leben

Liebe erfahren im gemeinsamen Leben

 „Gott ist nur Liebe./ Wagt, für die Liebe alles zu geben./ Gott ist nur Liebe./ Gebt euch ohne Furcht.“ So lautet ein Gesang aus der ökumenischen Gemeinschaft in Taizé. Einfachheit, Freude und Barmherzigkeit sind die Grundprinzipien dieser Kommunität, die Jahr für Jahr Tausende Jugendliche mit ihrer Spiritualität anzieht und begeistert. Frère Roger Schutz, der Gründer der Gemeinschaft sagt über die Liebe: „Am Abend unseres Lebens wird es die Liebe sein, nach der wir beurteilt werden, die Liebe, die wir allmählich in uns haben wachsen und sich entfalten lassen, in Barmherzigkeit für jeden Menschen.

 

Die Liebe soll das Grundprinzip des Zusammenlebens auch in den frühchristlichen Gemeinden sein. Für den Apostel Paulus ist sie die höchste Geistesgabe, weil durch die gegenseitige Liebe niemand benachteiligt oder gering geschätzt wird. Die Kraft der Liebe ist kaum zu überschätzen: „Sie glaubt alles, sie erträgt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf.“  (1. Kor. 13,8) Der Grund für die Hochschätzung der Liebe liegt darin, dass die menschliche Liebe ein Abbild der göttlichen Liebe ist. „Gott ist die Liebe“ (1. Joh 4)

In Taizé wird die Nächstenliebe praktisch eingeübt: im Zusammenleben in schlichten Unterkünften und bei einfachen Mahlzeiten. In praktischen Tätigkeiten wie dem Abwaschen des Geschirrs oder in der Reinigung der sanitären Anlagen. In der Erfahrung einer weltweiten Begegnung und Gemeinschaft. Im gegenseitigen Gespräch und Austausch über Fragen des Glaubens und Lebens. Und vor allem im gemeinsamen Gebet, in Gesängen, im Hören auf das Wort Gottes, in der Stille. Wenn Jugendliche und Erwachsene aus aller Welt eine Woche lang in Taizé miteinander gelebt haben, dann spüren sie etwas von dieser Liebe Gottes, die sich im gemeinsamen Leben ausdrückt.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 14.7.2018 - Endlich Ferien!

Endlich Ferien!

Endlich Ferien! Mit diesem Gefühl beginnen für Schüler, Lehrer und viele Familien die bevorstehenden Sommerferien. Für die meisten sind es die großen Ferien zwischen den Schuljahren, für manche beginnt nach den Ferien ein neuer Lebensabschnitt: für die Kinder der Wechsel in die Grundschule oder in eine weiterführende Schule, für die Abiturienten der Übergang ins Studium oder in ein freiwilliges soziales Jahr und für einige Lehrer ist es der Wechsel in den Ruhestand. Immer ist es ein Einschnitt, eine Zäsur, eine Wegmarkierung.

Das Wort „Ferien“ stammt aus dem Lateinischen: „feriae“ sind die Fest- und Feiertage. Sie unterbrechen unseren Alltag. Solche Tage brauchen wir, um das Vergangene in uns nachwirken zu lassen und uns für die neuen Aufgaben zu stärken. In jeder Woche ist ein solcher „Ferientag“ für uns reserviert, der Sonntag. Und darauf ruht der Segen Gottes, wenn wir ihn richtig nutzen.

„Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte.“ (1. Mose 1, Vers 3) Fest- und Feiertage, Ferien vom Alltag, sind ein besonderes Geschenk an uns Menschen. Sie geben uns die Chance zur Erholung und zur Besinnung, aber auch zur Entdeckung neuer Landschaften, Perspektiven und Menschen, zum Auftanken für Körper und Seele. Manche Urlauber nutzen die Gelegenheit, um am Ferienort andere Gottesdienste zu erleben. Wer mit den Ferien einen neuen Lebensabschnitt beginnt, mag sich an das Wort des Philosophen Senecas halten: „Fange jetzt an zu leben und zähle jeden Tag als ein Leben für sich.“ Freuen wir uns auf die Ferien, auf die kleinen und großen Fest- und Feiertage unseres Lebens.

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 16.6.2018 - Das Glück des Findens

Der 13-jährige Luca fand am Anfang diesen Jahres auf einem Acker auf der Insel Rügen eine kleine Münze. Er schenkte ihr zunächst keine große Bedeutung, informierte aber als Hobby-Archäologie die zuständigen Experten vom Landesamt. Es war eine Silbermünze aus der Wikingersiedlung Haithabu. Die anschließende Ausgrabung förderte einen Schatz von 600 Münzen zutage, die dem legendären Dänenkönig Harald Blauzahn aus dem 10. Jh. zugeordnet werden konnten. Das Glück des Finders ging auf eine systematische Suche mit Metalldetektor und GPS-Geräten zurück. Die Freude war groß, bei allen Beteiligten.

Nicht jeder hat ein solch spektakuläres Finderglück. Aber wer schon einmal verzweifelt seinen Haustürschlüssel, sein Portemonnaie oder ein wichtiges Dokument gesucht hat, weiß um das Gefühl, das ersehnte Stück wiedergefunden zu haben.

Eine Frau, die zehn Silbergroschen besitzt, sucht einen verlorenen Groschen. Sie stellt das ganze Haus auf den Kopf und sucht so lange, bis sie ihn wiedergefunden hat.

Diese Geschichte verwendet Jesus, um die Freude des Findens herauszustellen. Denn die Frau erzählt allen Nachbarinnen von ihrem Finderglück. „So wird Freude sein vor den Engeln Gottes, über einen Sünder, der Buße tut.“ (Lukas 15,10). Mit den Gleichnissen im Lukasevangelium vom verlorenen Schaf, Groschen und Sohn geht es immer um diese Freude Gottes über den Menschen, der zu ihm zurückkehrt. Es gibt sicherlich Ereignisse und Entwicklungen in unserem Leben, durch die wir uns von Gott entfernen. Aber wir können auch wieder zu ihm umkehren. Gott empfängt uns mit offenen Armen, wenn wir uns ihm wieder zuwenden. Die Freude ist groß, wenn wir uns von ihm finden lassen, auf beiden Seiten.

 

Mittendrin am 19.5.2018 - Was mich begeistert

An diesem Pfingstsamstag blicken viele nach Großbritannien, um die Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle am Fernseher zu verfolgen.  Sie erfreuen sich an dem royalen Glanz, an den schönen Bildern eines Hochzeitspaares. Andere fiebern dem Finale im DFB-Pokal entgegen und hoffen auf ein spannendes Fußballspiel. Manch einer begeistert sich an seinem Hobby oder an der Schönheit der Natur. Was uns begeistert, kann sehr vielfältig sein. Be-geist-erung bedeutet, dass wir von einem bestimmten Geist erfüllt sind, der uns gefangen nimmt, der uns motiviert und anspornt, der uns Freude und Erfüllung schenkt.

Pfingsten feiern wir das Fest des Heiligen Geistes. Wir erinnern uns an die „Ausgießung“ des Geistes an die Jünger Jesu. Den Geist selbst kann man nicht sehen, wohl aber seine Auswirkungen spüren. Für die Jünger war die Erfahrung des Geistes eine Befreiung: aus der Ängstlichkeit wurde Mut, aus der Trauer wurde Freude, aus der Vereinzelung erwuchs eine Gemeinschaft. Der Geist bewirkte ein neues Verstehen. Grenzen von Sprachen und Kulturen wurden überwunden. Die neue Gemeinschaft wurde in der Entstehung einer christlichen Gemeinde sichtbar, die sich regelmäßig zum Lesen des Wortes Gottes, zum gemeinsamen Mahl, zum Gebet und zur gegenseitigen Austausch traf.

Bis heute ist die Erfahrung des Geistes Gottes in unseren Kirchen lebendig. Er gibt uns Orientierung in der Unterscheidung von Gut und Böse, er motiviert uns zum Einsatz für den Mitmenschen, er stärkt uns in der Gemeinschaft. Der Geist bleibt nicht auf die eigene Konfession beschränkt, sondern er führt uns zusammen. Diese Erfahrung von Gemeinschaft, wie wir sie auch in unseren ökumenischen Gottesdiensten erleben, kann uns im wahrsten Sinn des Wortes begeistern!

Pfarrer Dr. Eckhard Düker, Abdinghof

Mittendrin am 21.4.18 - Segen für die Lebensreise

„Segen für die Lebensreise“ – so könnte man die Feier der Konfirmation benennen, die in diesen Wochen in vielen evangelischen Gemeinden stattfindet. Denn bei der Konfirmation wird den Jugendlichen für ihren weiteren Lebensweg ein Bibelwort zugesprochen, verbunden mit einem persönlichen Segen. „Confirmatio“, das bedeutet Stärkung, Kräftigung, Befestigung im Glauben. Noch immer werden rund 90 % der Jugendlichen eines Jahrgangs konfirmiert. Sie stehen an diesem Tag, für sie meist ungewohnt, im Mittelpunkt einer Familienfeier. Mit der Konfirmation wird der Übergang vom Kind zum Jugendlichen deutlich. In ihrer Kleidung wirken sie oft schon wie junge Erwachsene. In früheren Zeiten begann nach der Konfirmation  die Ausbildung. Das ist heute anders. Die Jugendlichen erleben die Konfirmation als Abschluss Konfirmandenunterrichts, in dem sie zwei Jahre lang etwas über Themen des Glaubens und Lebens erfahren konnten. Sie sprechen ihr eigenes Jahr zu ihrer Taufe und feiern mit der Gemeinde das Abendmahl. Anschließend dürfen sie auch das Patenamt für einen Täufling übernehmen.

Die Konfirmation ist ein Einschnitt im Leben, der manchmal erst im Nachhinein als solcher wahrgenommen wird. Wenn die Jugendlichen später ihre eigenen Lebensentscheidungen treffen, sei es in beruflicher Hinsicht oder in der Partnerwahl, dann kann die Konfirmation und die Zeit des Unterrichts für sie ein Fundament ihres eigenen Glaubens sein. In der Gruppe der Konfirmanden haben sie nicht nur gelernt, was christlicher Glaube bedeutet, sondern auch eine christliche Gemeinschaft erfahren. So werden sie gesegnet für ihre Lebensreise.

Mittendrin am 24.3.2018 - Vom Hosianna zum Kreuzige ihn!

Am morgigen Palmsonntag steht das Evangelium vom Einzug Jesu in Jerusalem im Mittelpunkt. Gemäß der neutestamentlichen Überlieferung wird Jesus bei seinem Einzug von einer begeisterten Menschenmenge begrüßt und mit Palmzweigen willkommen geheißen: „Hosianna, gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn.“ Was mögen die Menschen von Jesus erwartet haben? Einen König, der die Römer aus dem Land vertreibt? Einen Heilsbringer, der alle Probleme der Menschen löst? Einen Friedensstifter, der zur Versöhnung unter den Völkern ruft? Viele Erwartungen, Hoffnungen und Wünsche richten sich auf Jesus, der in die Stadt einzieht. Doch eines sollte die Menschen nachdenklich machen. Jesus zieht nicht mit einer prachtvollen Kutsche ein, er wird nicht von Soldaten und Dienern begleitet, er reitet auf einem Esel. Mit dem Lasttier der einfachen Leute ist kein Staat zu machen. So wirkt die ganze Szene merkwürdig widersprüchlich. Der gefeierte König kommt ganz bescheiden und unscheinbar zu den Menschen.

Im Lauf der Karwoche wendet sich das Blatt. Aus dem gefeierten König wird der gefangen genommene, verurteilte, geschundene und verspottete König mit einer Dornenkrone. Am Ende rufen die Menschen nicht mehr Hosianna, sondern „Kreuzige ihn!“ Beide Worte sind für Jesus Stationen seines Leidensweges, der am Kreuz endet. Damit vollendet er den göttlichen Heilsweg. Zugleich gibt er ein Beispiel dafür, wie nahe Bewunderung und Ablehnung beieinander liegen können. Wer heute verehrt wird, kann morgen schon verachtet werden. Wer heute noch mächtig ist, kann morgen schon ohnmächtig sein. So lehrt Jesu Kreuzweg Demut in der Ausübung der Macht und schenkt Trost in der scheinbaren Ohnmacht. Denn am Ende steht nicht das Kreuz, sondern die Hoffnung der Auferstehung zum ewigen Leben.

Mittendrin am 24.2.2018 - 7 Wochen ohne Kneifen

„Zeig dich! Sieben Wochen ohne Kneifen“. Mit dem Beginn der Passionszeit ist in der evangelischen Kirche wieder die Aktion „Sieben Wochen ohne“ gestartet. Fasten bedeutet in diesem Sinn nicht nur der Verzicht auf einige Nahrungs- oder Genussmittel, sondern auch auf bestimmte Verhaltensweisen. „Zeig dich!“ ist die Aufforderung, sich nicht wegzuducken, unterzutauchen oder zu schweigen, wenn Menschen schlecht behandelt, gemobbt oder gedemütigt werden. Weil Gott sich uns gezeigt, geoffenbart hat, brauchen auch wir uns nicht zu verstecken.

Wir können unser Mitgefühl zeigen, wenn Menschen in Trauer leben und getröstet werden möchten. Wir dürfen unsere Liebe zeigen, wenn wir spüren, dass Menschen sich einsam oder allein gelassen fühlen. Wir können unsere Fehlbarkeit zeigen, wenn wir etwas versäumt haben oder Fehler begangen haben. Wir sollen unsere Hoffnung zeigen, wenn Menschen in Resignation oder Gleichgültigkeit verfallen. Wir können zeigen, wofür wir stehen, wenn Wahrheit in „alternative Fakten“ verdreht wird, wenn Lügen und Beleidigungen sich verbreiten.

„Zeig dich!“ Das Plakatmotiv der evangelischen Fastenaktion stellt einen Vater mit seinem kleinen Sohn an der Hand mit hochgerecktem Arm und geballter Faust im angedeuteten Supermannkostüm dar. Sie spielen oder sind „Superhelden“ und scheuen sich nicht, das auch zu zeigen. Lebensfreude und Zivilcourage schließen sich nicht aus.

In der Passionsgeschichte geht es auch darum, sich zu zeigen, sich zu Christus zu bekennen.

Als Petrus im Hof von der Magd nach Jesus gefragt wird, antwortet er zunächst: „Ich kenne den Menschen nicht.“ Später bereut er seine Verleugnung und wird zu einem mutigen Zeugen für Christus. „Zeig dich! Sieben Wochen ohne Kneifen“.