Wie wir wurden, was wir sind

Die reformatorischen Bewegungen haben zwar auch Paderborn berührt, aber zur Gründung einer protestantischen Gemeinde kam es letztlich erst dadurch, dass im Friedensvertrag von Basel 1795 die linksrheinischen Gebiete der deutschen Fürsten an Frankreich abgegeben werden mussten. Dafür wurden 1801 im Friedensvertrag von Luneville geistliche Fürstentümer und Territorien freier Reichsstädte als Ersatz verteilt. Und im Rahmen dieser Umverteilung von Besitz fiel Paderborn an Preußen: Die Preußen zogen in Paderborn ein.
Damit kamen (wieder) Protestanten nach Paderborn: Im August 1802 fand der erste evangelische Gottesdienst für die Soldatengemeinde und die immer größer werdende Zivilgemeinde in Paderborn statt. Der 24./25. März 1803 wird als Gründungstag der evangelischen Gemeinde Paderborn gesehen (Superindentent Klingender: Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde Paderborn von 1803 – 1903).
Unsere „Chronik“ (S. 92-96) deutet an, wie diese Phase dem Heimischwerden diente: „Hundert - und etwas mehr - Jahre des Anderssein als die anderen, ... Hundert - und etwas mehr - Jahre des anerkannten Fremdseins und manchmal wohl auch des Fremdseinwollens. Mag sein, daß diese Situation den Vorteil bot, sich intensiver um die eigenen Belange zu kümmern, als da sind: Gemeindebewußtsein, Treue in Bezug auf die Pflege der eigenen Traditionen, Förderung biblischen Wissens. Man hielt zusammen, sorgte füreinander. Das Johannisstift entstand, Vereine gründeten sich, eine Luther-Schule wurde geschaffen; 1866/71 endlich ein eigenes Gottesdienst-Zuhause in der mit Hilfe der Gustav-Adolf-Vereine wiederhergestellten Abdinghofkirche.“ (Renate Römpler in: „Musik, die nie enden soll“, Gemeindebrief zum 10jähr. Jubiläum der Lukas-Gemeinde).
Beim 100jährigen zählte die Gemeinde zwar schon 2.211 Glieder, aber der große Wachstumsschub setzte dann erst nach dem Zweiten Weltkrieg ein. Zunächst stieg der Anteil der evangelischen Bürger durch den Zustrom von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen. Als später auch Gewerbe und Industrie aufblühten und die Universität gegründet wurde, nahm die evangelische Bevölkerung so stark zu, dass die Gründung wieterer Gemeinden erforderlich wurde. Einige dieser Gemeinden (Schloß Neuhaus, Borchen und Elsen) wurden selbständige Kirchengemeinden, die übrigen Paderborner Gemeinden sind untereinander durch ein Gesamtpresbyteriums als gemeinsamem Leitungsgremium verbunden.
So sind heute über die Stadt sechs Gemeinde-Bezirke mit eigenen Gemeinde-Zentren verteilt. Die evangelischen Christen in Schloß Neuhaus und Elsen haben jeweils ihre eigene Kirchengemeinde, jene im Paderborner Ortsteil Wewer gehören zur Kirchengemeinde Borchen. Dafür gehören die Protestanten von Dahl und Dörenhagen wiederum zur Paderborner Gemeinde, und zwar zum Lukas-Pfarrbezirk.